Pannenserie setzt von der Leyen unter Druck
Berlin (dpa) - Angesichts der Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr sieht der Koalitionspartner SPD nun ebenso wie die Opposition Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Zuge. Die Union fordert ihrerseits mehr Geld für die Bundeswehr.
Wegen der technischen Mängel kann Deutschland derzeit seine eigenen Zusagen an die Nato zu verfügbaren Waffensystemen nicht einhalten. „Bei den fliegenden Systemen liegen wir im Augenblick unter den vor einem Jahr gemeldeten Zielzahlen, was wir binnen 180 Tagen der Nato im Alarmfall zur Verfügung stellen wollen“, sagte von der Leyen der „Bild am Sonntag“. „Dahinter steckt der Ersatzteilengpass bei den Flugzeugen und der Ausfall von Marinehubschraubern.“
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete, im Ernstfall eines Angriffs etwa auf ein baltisches Nato-Mitglied könne die Bundeswehr etwa die 60 angemeldeten „Eurofighter“ nicht stellen. Die Ministerin betonte aber, dass die Bundeswehr alle Verpflichtungen voll erfüllen könne, „was die laufenden Einsätze sowie die kurzfristige Krisenreaktion der Nato angeht“.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD), nahm von der Leyen in die Pflicht. „Die Ministerin ist nun gefordert. Es ist gut, dass die Missstände jetzt nicht mehr unter der Decke gehalten werden“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, verlangte in der Bielefelder Zeitung „Neue Westfälische“ (Samstag): „Wer von Verantwortung in der Welt redet, muss auch der Verantwortung gegenüber den Soldatinnen und Soldaten gerecht werden, die im Einsatz viel riskieren und dafür angemessen ausgerüstet sein müssen.“
Unionspolitiker regten eine Anhebung des Wehrbudgets an. „Ab 2016 ist eine Aufstockung des Etats erforderlich - um soviel Geld, wie zur Erfüllung aller Aufträge nötig ist“, forderte der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Henning Otte (CDU), in der „Welt am Sonntag“. Schon 2015 dürfe kein Geld mehr an den Finanzminister zurückfließen. Nach Berechnungen des CSU-Verteidigungsexperten Florian Hahn habe das Wehressort zwischen 2008 und 2014 vier Milliarden Euro weniger ausgegeben, als vom Parlament bewilligt waren, schrieb die Zeitung.
Die Bundeswehr wartet nach Aussage der Verteidigungsministerin dringend auf die Lieferung des neuen Transportflugzeugs A400M, das die betagten Maschinen vom Typ Transall ablösen soll. Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold hält dabei weitere Verzögerungen für möglich: „Uns wurde mitgeteilt, dass sich die Auslieferung wohl von November auf Dezember verzögert. Bevor der A400M nicht auf dem Hof steht, glaube ich nichts mehr“, sagte er „Handelsblatt online“. Über die Beschaffung der neuen Transportmaschinen streitet das Verteidigungsministerium seit Jahren mit dem Hersteller Airbus.
Wenige Monate nach ihrem Amtsantritt hatte von der Leyen im Februar den bisherigen Rüstungsstaatssekretär Stéphane Beemelmans entlassen - eine Konsequenz aus massiven Problemen bei großen Rüstungsprojekten der vergangenen Jahre. Auf den Posten wurde die frühere Unternehmensberaterin Katrin Suder berufen. Eine Unternehmensberatung wurde beauftragt, den Stand bei den größten Rüstungsprojekten zu untersuchen. Anfang Oktober werden die Ergebnisse erwartet.
Das Ministerium dementierte einen Medienbericht, demzufolge der Chef des Bundeswehr-Beschaffungsamtes, Harald Stein, von seinen Aufgaben entbunden werden soll. Der verteidigungspolitische Blog „Augen geradeaus!“ hatte zuvor berichtet, mit Steins Entbindung reagiere von der Leyen auf die öffentlich gewordenen Ausrüstungsmängel.