Pferdefleisch-Affäre: EU-Staaten sollen über Gentests entscheiden
Brüssel (dpa) - Im Pferdefleisch-Skandal schlägt die EU-Kommission DNA-Tests für verarbeitetes Rindfleisch in Europa vor. Damit sollen die Behörden herausfinden, ob es sich nicht um falsch deklariertes Pferdefleisch handelt.
Das teilte EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg am Mittwoch nach einem Krisentreffen von acht beteiligten Staaten in Brüssel mit. Über den Vorschlag sollen Experten aus allen 27 EU-Staaten am Freitag entscheiden .
Die ersten 2500 Gentests könnten den Plänen zufolge im März stattfinden, etwa 200 davon in Deutschland. Ergebnisse sollen Borg zufolge Mitte April veröffentlicht werden. Wenn es Anlass für weitere Untersuchungen gibt, würde die Testphase um weitere zwei Monate verlängert werden. An den Kosten will sich die EU-Kommission beteiligen.
Insbesondere Irland und Großbritannien hatten auf Genuntersuchungen gedrängt. Der irische Landwirtschaftsminister Simon Coveney berief sich auf gute Erfahrungen im eigenen Land: „Wir haben erst vor kurzem DNA-Tests bei Lebensmitteln eingeführt, um festzustellen, ob Lebensmittel das sind, was auf der Packung steht.“ Erst dadurch seien die ersten Fälle von falsch deklariertem Pferdefleisch auf der Insel aufgeflogen - was wiederum die Suche nach Fällen in ganz Europa lostrat.
Um sicherzustellen, dass Verbraucher keine Pferdemedikamente zu sich nehmen, will die EU-Kommission eine weitere Testreihe vorschlagen. Dabei sollen die Behörden Pferdefleisch auf mögliche Rückstände des Medikaments Phenylbutazon untersuchen. Das Mittel wird bei Pferden gegen Entzündungen eingesetzt. Es gilt auch als Doping-Mittel im Pferdesport. 1500 in die EU eingeführte Pferdekadaver sollten untersucht werden, zudem 2500 in Europa geschlachtete Tiere.
Die Europäer verspeisen nach Angaben der EU-Kommission wissentlich jährlich 110 000 Tonnen Pferd. 70 000 Tonnen davon aus heimischer Zucht. Innerhalb Europas komme das meiste für den menschlichen Konsum gedachte Pferdefleisch aus Italien, Polen und Rumänien.
Insbesondere Großbritannien, Irland und Frankreich hatten auch darauf gedrängt, dass die EU-Kommission ein Gutachten zur Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln bald veröffentlicht. Dies solle einige Monate vor Jahresende fertig sein, sagte EU-Kommissar Borg. Nach geltendem EU-Recht müssen zwar die Stoffe genannt werden, aber nicht ihr Ursprungsland. Auch Deutschland sei für mehr Transparenz bei verarbeiteten Produkten, sagte ein Diplomat.
Mit Blick auf die laufenden Fahndungen nach falsch deklariertem Pferdefleisch bat Coveney um Geduld. Der Ire leitete das Treffen, weil sein Land derzeit den Vorsitz im Kreis der EU-Staaten führt. „Wir können keine vorläufigen Ergebnisse veröffentlichen, wir müssen erst die Untersuchungen beenden“, sagte Coveney. Die europäische Polizeibehörde Europol solle helfen, erklärte EU-Kommissar Borg: „Europol wird die verschiedenen laufenden Untersuchungen koordinieren.“ Der britische Landwirtschaftsminister Owen Paterson sprach von einer „kriminellen Verschwörung“.
Bei dem Treffen dabei waren Minister oder andere Vertreter der betroffenen Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Schweden, Rumänien, Polen und Irland. Auch die EU-Kommission war vertreten.