Porträt: Christine Lieberknecht verteidigt CDU-Hochburg
Erfurt (dpa) - Mit der Gelassenheit des „Christenmenschen“ versucht Christine Lieberknecht (CDU) die Politik zu nehmen.
Aber nach dem Aufblinken der ersten Hochrechnungen am Sonntag, nach denen die CDU stärkste Partei in Thüringen bleibt und ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis schwächelt, reißt sie die Arme hoch: „Die CDU hat diese Landtagswahl gewonnen“, ruft sie ihren Anhängern fast euphorisch zu. Lieberknecht kann hoffen, die CDU-Ära in Thüringen fortzusetzen.
Seit fast einem Vierteljahrhundert stellt die CDU in Erfurt den Regierungschef. Allerdings braucht die 56-Jährige erneut einen Partner: Dafür muss sie erneut eine noch schwächer gewordene SPD gewinnen, um die auch die Linke wirbt.
Lieberknecht, die seit 2009 auch Parteivorsitzende ist, hatte erstmals in ihrer Karriere die Rolle der Spitzenkandidatin, die für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich gemacht wird. Vor fünf Jahren war Lieberknecht nach Stimmenverlusten und dem Rücktritt des damalige Regierungschefs Dieter Althaus der Trumpf für die Verhandlungen mit den Sozialdemokraten. Sie hatte den Mut zu Kompromissen. Der ist angesichts der Zitterpartie mit nur kleinen Unterschieden zwischen Schwarz-Rot und Rot-Rot-Grüne am Wahlabend weiter nötig.
Lieberknecht ist wie viele ostdeutsche Politiker, die nach der Wiedervereinigung Karriere machten, Theologin. Manchen gilt die aus Weimar stammende Pastorin mit dem eher präsidialen Stil und den Hosenanzügen als regionales Pendant zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Lieberknecht war schon zu DDR-Zeiten in die damalige Blockpartei CDU eingetreten, gehörte aber kurz vor dem Mauerfall zum Reformflügel der Partei.
Nachgesagt wird der bodenständigen Landesmutter („Ich bin Thüringerin durch und durch“) ein guter Instinkt für das rechte Maß und für Stimmungen. Dieses Image litt seit 2013 nach Versorgungsaffären um zwei ihrer Staatskanzleiminister und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen ihres Ex-Regierungssprechers. Den wollte sie im Alter unter 40 Jahren mit staatlichen Bezügen in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Im Wahlkampf hat sie Fehler eingeräumt - das Gesetz, das die Versorgung von Staatsdienern regelt, ist geändert.
In die Sondierungsgespräche geht Lieberknecht mit 24 Jahren Politik-Erfahrung. Sie war schon Thüringens Kultus-, Europa und Sozialministerin, von 1999 und 2004 Landtagspräsidentin, zeitweise stand sie an der Spitze der CDU-Fraktion. Sie ist mit einem Pfarrer verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.