Porträt: Röttgen auf dem Weg nach Düsseldorf
Düsseldorf/Berlin (dpa) - Dass Norbert Röttgen eines Tages gerne Kanzler werden will, daran zweifeln in Berlin die wenigsten. Mit der Wahl zum Landeschef der nordrhein-westfälischen CDU und zum CDU-Bundesvize 2010 hat er sich eine starke Machtbasis für einen solchen Karriereschritt geschaffen.
Er kommt zwar freundlich und verbindlich rüber, gilt aber als sehr machtbewusst. Weggefährten, die von ihm zur Seite gedrängt wurden, haben das erfahren müssen.
In Berlin war er es, der als Umweltminister nach Fukushima den Atomausstieg vorantrieb. Politik mit den Augen künftiger Generationen machen, lautet seine Vision. Die Energiewende wurde zu seinem Projekt, das er nach Meinung vieler am energischsten innerhalb der Regierung vorantreibt. Und er kämpft gegen ein Wachstum auf Pump und auf Kosten der Umwelt: „Wer am schonendsten mit den Ressourcen umgeht, wird der Wachstumsgewinner des 21. Jahrhunderts sein.“
Sein Motto für die Auseinandersetzung mit SPD und Grünen an Rhein und Ruhr: „Schuldenstaat oder Zukunft für unsere Kinder?“ Nun könnte aber ausgerechnet die Spitzenkandidatur in NRW für den 46 Jahre alten Vater von zwei Söhnen und einer Tochter zum Karriereknick werden. Denn es ist Stand heute unwahrscheinlich, dass er Ministerpräsident wird. Rot-Grün hatte in Umfragen eine deutliche Mehrheit, zudem wirkt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wesentlich volksnäher.
Früher hat Röttgen durchblicken lassen, notfalls auch Oppositionschef in Düsseldorf werden zu wollen, dann wäre er erst einmal weit weg von Macht und Berlin.
Röttgen, der seit seiner Jugend in der CDU Politik macht und rhetorisch wie intellektuell zu den begabtesten Politikern in Deutschland gehört, fühlt sich in NRW „familiär und politisch verwurzelt“. Der Jurist aus der Nähe von Bonn gilt schon lange als Vertreter der CDU-Politiker, die ihre Partei zu den Grünen hin öffnen wollen. Über seinen Beruf sagt er etwas pathetisch: „Es gibt wenig mehr Sinnberufe als die Politik.“