Porträt: Timoschenko zeigt sich nach Haft ungebrochen
Kiew (dpa) - Auf diesen Tag hat sie lange gewartet: Die ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko (53) ist nach zweieinhalb Jahren Haft wieder frei. Die Ex-Regierungschefin und Erzfeindin von Viktor Janukowitsch war im August 2011 hinter Gitter gekommen.
Zwei Monate später wurde sie wegen Amtsmissbrauchs trotz internationaler Proteste zu sieben Jahren Straflager und umgerechnet 137 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt. In dem nach Ansicht internationaler Beobachter politisch motivierten Verfahren wurde ihr ein Abkommen mit Russland über Gaslieferungen zum Nachteil der Ukraine zur Last gelegt.
Unbändig kämpften Timoschenko und ihre Familie seitdem für ihre Freilassung, mehrfach trat sie in Hungerstreiks. Mit flammenden Appellen mischte sie sich immer wieder in das politische Geschehen in der Ukraine ein und machte gegen Präsident Viktor Janukowitsch Front.
Andauernde Schmerzen machten der streitbaren Vollblutpolitikerin in der Haft gesundheitlich zu schaffen. Auch Spezialisten der Berliner Charité behandelten sie in der Ukraine. Timoschenkos Versuche, zur Behandlung nach Deutschland ausreisen zu dürfen, scheiterten im ukrainischen Parlament.
Die Justiz ermittelte noch in anderen Verfahren gegen Timoschenko, so wegen angeblicher Steuerhinterziehung und Veruntreuung sowie eines vermeintlichen Auftragsmordes an einem Abgeordneten 1996.
Nach ihrer Entlassung aus der Haft hat Timoschenko bereits angekündigt, bei der nächsten Präsidentenwahl anzutreten. Die Oppositionsführerin mit dem markanten blonden Haarkranz ist die beliebteste Politikerin im Land, Experten rechnen ihr gute Chancen bei Neuwahlen aus.
Die in der Industriestadt Dnjepropetrowsk geborene Timoschenko stieg mit der Privatisierungswelle nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 zur reichen „Gasprinzessin“ auf. Politische Gegner werfen der zierlichen Frau mit Blick auf deren Privatvermögen vor, keine saubere Weste zu besitzen. Für viele auch in Westeuropa ist Timoschenko aber immer noch ein Symbol der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004. Damals hatte sie Viktor Janukowitsch auf dem Weg ins Präsidentenamt zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht.