Porträt: Verteidigungsminister und Armeechef Al-Sisi

Istanbul/Kairo (dpa) - Militärchef Abdel Fattah al-Sisi ist der erste Verteidigungsminister der ägyptischen Geschichte, der von einem demokratisch gewählten Präsidenten ernannt wurde. Manche munkelten, der 58-Jährige sei „der Mann der Muslimbruderschaft in der Armeeführung“.

Nun ist gerade er es, der den islamistischen Staatschef Mohammed Mursi womöglich entmachtet.

In der Zeit nach dem Sturz des Langzeitpräsidenten Husni Mubarak im Februar 2011 und vor seiner Ernennung zum Verteidigungsminister und Armeechef im August 2012 leitete der Generaloberst den Militärgeheimdienst. Außerdem gehörte er dem Oberkommando der Streitkräfte an, das unter dem Namen Oberster Militärrat (SCAF) nach dem Abgang Mubaraks die Macht im Lande übernahm.

Al-Sisi gehört einer Generation von Stabsoffizieren an, die anders als der ehemalige Luftwaffenpilot Mubarak an keinem der Kriege aktiv teilnahmen, in die Ägypten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verstrickt war. Er besuchte die Militärakademie und trat in die Dienste der Infanterie. Noch unter Mubarak wurde er Kommandeur des Armeebereichs Nord mit Sitz in Alexandria.

Der in Kairo geborene Al-Sisi gilt als fromm. Seine Frau soll Gesichtsschleier tragen. In der ägyptischen Krise hielt er sich bislang weitgehend zurück. Allerdings sah er sich vor dem aktuellen Ultimatum an die Konfliktparteien einmal im Januar 2013 zu einer Warnung an die politischen Kräfte veranlasst. Als heftige Krawalle Städte am Suezkanal erschütterten, sprach er von einem Staatskollaps und erklärte, die ägyptische Armee als „stabile Säule des Staates“ werde dies verhindern.

Als Chef des Militärgeheimdienstes trat Al-Sisi lediglich ein einziges Mal hervor - und das in unrühmlicher Weise, wie sich Ägypter erinnern. Als im März 2011 Militärpolizisten jugendliche Demonstranten vom Tahrir-Platz in den Keller des Ägyptischen Museums verschleppten und dort misshandelten, unterzogen sie die Mädchen und jungen Frauen unter ihnen einer besonders grausamen und erniedrigenden Behandlung - den sogenannten Jungfräulichkeitstests.

Es war Al-Sisi, der diese Praxis einige Wochen später gegenüber westlichen Medien zu begründen versuchte: Die Frauen hätten gemeinsam mit jungen Männern auf dem Tahrir-Platz campiert, und damit sie nicht später sagen würden, sie seien von Militärpolizisten vergewaltigt worden, hätte man eben ihre „Jungfräulichkeit“ geprüft, behauptete er zynisch.