Putin stellt Freilassung der Militärbeobachter in Aussicht
Kiew/Minsk (dpa) - Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Hoffnung geäußert, dass die von Separatisten in der Ostukraine festgehaltenen Militärbeobachter freikommen.
Er setze darauf, dass die Ausländer die Region ungehindert verlassen können, sagte Putin am Dienstagabend nach Angaben der Agentur Interfax in Minsk. Moskau hat wiederholt betont, keinen Einfluss auf die prorussischen Separatisten zu haben. Unter den Geiseln sind auch vier Deutsche.
Der Kremlchef kritisierte die ukrainische Regierung dafür, dass sie die westlichen Militärs ins Land geholt habe. Darüber habe er auch bei seinem Treffen mit Altkanzler Gerhard Schröder am Montag in St. Petersburg gesprochen, betonte Putin.
Der selbst ernannte Bürgermeister der ostukrainischen Stadt Slawjansk stellte eine baldige Freilassung der westlichen Militärbeobachter in Aussicht. „Es sieht danach aus, dass es eine baldige Freilassung geben kann, ohne einen Geiselaustausch. Wir haben mit der OSZE ein Abkommen, noch keine weiteren Details zu nennen“, sagte der Separatisten-Anführer Wjatscheslaw Ponomarjow der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). Kurz zuvor hatte Ponomarjow noch der russischen Agentur Interfax gesagt, es gebe bisher keine Entscheidung über das Schicksal der Geiseln.
Die Separatisten hatten die unbewaffneten Beobachter am vergangenen Freitag festgesetzt und mehrfach betont, mit der Gruppe inhaftierte Gesinnungsgenossen freipressen zu wollen. Der Separatistensprecher Igor Strelkow sagte dem russischen TV-Sender Rossija-24 am Dienstagabend: „Bisher gab es keinen Versuch der Regierung in Kiew, mit uns Verhandlungen über die Gefangenen zu beginnen.“
Die Nato sieht trotz Ankündigungen aus Moskau keine Hinweise auf einen russischen Truppenrückzug von der Grenze zur Ukraine. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte während eines Telefonats mit seinem US-Kollegen Chuck Hagel gesagt, die Truppen seien abgezogen worden. Grund dafür sei die Beteuerung aus Kiew gewesen, die ukrainische Armee „nicht gegen unbewaffnete Zivilisten“ im Osten des Landes einzusetzen.
Ein Nato-Diplomat sagte jedoch der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag, derzeit gebe es keine Informationen, „die auf einen Abzug russischer Truppen von der ukrainischen Grenze hindeuten“. Das Bündnis fordere Russland „weiterhin auf, gemäß der Vereinbarung von Genf zugunsten von Diplomatie und Dialog alle Truppen entlang der ukrainischen Grenze abzuziehen“. Die Nato hatte am 10. April Satellitenbilder aus dem Grenzgebiet veröffentlicht und von 35 000 bis 40 000 dort stationierten russischen Soldaten gesprochen.
Der Westen wirft Russland vor, sich einer Umsetzung der Genfer Vereinbarungen zu verweigern und die Krise in der Ukraine anzufachen. Die Europäische Union und die USA hatten daher am Montag eine Ausweitung der bislang verhängten Strafmaßnahmen beschlossen. In Genf waren unter Beteiligung Russlands die Bedingungen für eine Lösung des Konflikts ausgehandelt worden.
Putin kritisierte die Sanktionen der USA und der EU gegen Moskau. Der Westen habe sich in der Ukraine die „Suppe selbst eingebrockt“ und suche jetzt „jemanden, der sie auslöffelt“, sagte er in Minsk. Für direkte Sanktionen Russlands gegen den Westen als Reaktion auf die Strafmaßnahmen der EU und der USA sehe er keinen Anlass. Aber die Führung in Moskau müsse über die Rolle von westlichen Unternehmen in Schlüsselbranchen der russischen Wirtschaft nachdenken.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte dagegen die Strafmaßnahmen gegen die russische Führung. Russland habe kein Recht, sich in die Entscheidungen der Ukraine einzumischen, sagte sie bei einer Europawahlkampf-Veranstaltung in Bremerhaven. „Die Ukraine ist ein freies Land.“ Die Menschen dort müssten sich frei entscheiden können, wie sie leben wollten.
Unbehelligt von ukrainischen Sicherheitskräften erstürmten Separatisten am Dienstag auch die Gebietsverwaltung der östlichsten Großstadt Lugansk. Maskierte in Tarnkleidung brachen die Türen des Gebäudes auf, wie örtliche Medien berichteten. Mitglieder der Sicherheitskräfte hätten sich den Demonstranten angeschlossen. In der Stadt mit 430 000 Einwohnern halten Separatisten bereits seit Wochen ein Gebäude des Geheimdienstes SBU besetzt.
SPD-Altkanzler Schröder musste Kritik einstecken, weil er mitten in der Krise mit Putin seinen 70. Geburtstag nachfeierte. „Unsere Jungs leiden bei Wasser und Brot im Verlies, Schröder feiert mit Schampus und Kaviar im Festsaal“, sagte etwa CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der „Bild“-Zeitung. Für Befremden sorgte vor allem eine auf einem Foto festgehaltene innige Umarmung Schröders mit Putin.
Aus der SPD wurde der Altkanzler aber auch in Schutz genommen. „Ich weiß nicht, was der Bundeskanzler bei seiner privaten Begegnung mit Putin besprochen hat“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann. „Aber ich bin ganz sicher, dass er dem russischen Präsidenten klar gemacht hat, dass er aktiv etwas dafür tun muss, dass die Geiseln freigelassen werden.“