Ratingagentur bescheinigt Griechenland teilweisen Zahlungsausfall
London/Athen (dpa) - Neuer Tiefschlag für Griechenland: Die Ratingagentur Standard & Poor's reagiert auf den ausgehandelten Schuldenschnitt mit einer weiteren Herabstufung der Kreditwürdigkeit des pleitebedrohten Euro-Landes.
Sie senkte die ohnehin schon mangelhafte Note „CC“ auf das Niveau eines teilweisen Zahlungsausfalls - mit möglicherweise negativen Auswirkungen auf das Bankensystem.
An den Märkte gab es darauf kaum Reaktionen. Die Aufmerksamkeit richtete sich auf die für diesen Mittwoch erwartete neue gewaltige Geldspritze der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Banken. Experten erwarten, dass die bereitgestellten 500 Milliarden Euro vom Dezember übertroffen werden könnten. Die Mitel werden für drei Jahre zum Niedrigzins ausgeliehen.
Die griechische Regierung bemühte sich um Schadensbegrenzung: Die Banken des Landes seien nicht gefährdet. Die Zentralbank und der Euro-Rettungsfonds hätten vorgesorgt. Auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker demonstrierte Gelassenheit. Der Schritt von Standard & Poor's sei erwartet worden.
Ein Zahlungsausfall ist deshalb problematisch, weil damit Kreditausfallversicherungen fällig werden könnten. Diese sogenannten Credit Default Swaps (CDS) waren einer der Gründe, warum die Finanzkrise des Jahres 2008 so dramatische Ausmaße angenommen hatte. Damals war es nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers zu einer Kettenreaktion im Finanzsystem gekommen.
Besonders kritisch sehen die Bonitätswächter von S&P, dass Griechenland Anleger notfalls per Gesetz zwingen will, beim Schuldenschnitt mitzumachen. Das funktioniert über nachträglich eingefügte Umschuldungsklauseln, sogenannte Collective Action Clauses (CAC). Die Ratingagentur Fitch hatte sich ähnlich geäußert. S&P setzte zudem den Ausblick für den Euro-Rettungsfonds EFSF auf „negativ“.
Positive Nachrichten gab es dagegen für das Euro-Sorgenkind Portugal. Die Experten der „Troika“ von der EU, EZB und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) haben nach Angaben des portugiesischen Finanzministers Vítor Gaspar grünes Licht für eine neue 14,6 Milliarden Euro-Tranche gegeben. Die Summe gehört zum Hilfspaket von Krediten über insgesamt 78 Milliarden Euro.
An den Finanzmärkten ging es trotz der Abstrafung Athens weiter aufwärts. Der Euro kletterte sogar über 1,34 US-Dollar. Für Unterstützung beim Euro sorgten auch robuste Konjunkturdaten aus dem Euroraum und eine erfolgreiche Anleiheauktion Italiens, das sich abermals zu günstigeren Konditionen frisches Kapital besorgen konnte.
Juncker, Chef der Eurogruppe, sagte zur Abstufung: „Diese oder mögliche ähnliche Entscheidungen von Ratingagenturen waren rechtzeitig vorweggenommen und wurden in die Planung zur Privatgläubigerbeteiligung einkalkuliert.“
Er zeigte sich zuversichtlich, dass viele private Gläubiger wie Banken oder Versicherungen an dem freiwilligen Schuldenschnitt mitmachen. Sie sollen auf rund 100 Milliarden Euro Forderungen verzichten und bestehende Anleihen in neue, länger laufende und niedriger verzinste Papiere umtauschen. „Ich erwarte eine hohe Beteiligung privater Gläubiger.“
Erst am Montag hatte der Deutsche Bundestag dem 130 Milliarden Euro schweren neuen Hilfspaket für Griechenland zugestimmt. Einer der Kernpunkte ist der freiwillige teilweise Forderungsverzicht privater Gläubiger Athens.
Experten hatten ausgerechnet, dass Verluste vom ursprünglichen Wert der Anleihen von mehr als 70 Prozent drohen. S&P stufte die in den Schuldenschnitt einbezogenen Staatsanleihen sogar auf „D“ ab, was Zahlungsausfall bedeutet.
Wenn genügend Anleihebesitzer ihre Wertpapiere wie vorgeschlagen umtauschen, kann sich die Kreditsituation für Griechenland jedoch schnell wieder entspannen, wie S&P erklärte. In diesem Fall sei es gut möglich, dass der „teilweise Zahlungsausfall“ als abgewendet angesehen werde und die Ratingnote auf ein „CCC“ steige, hieß es. Allerdings war in der Bankenwelt zuletzt schwer gezweifelt worden, ob sich ausreichend Gläubiger dem Schuldenschnitt zustimmen.
Die erneute Abstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands wirkte sich unmittelbar auf die Refinanzierungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken bei der EZB aus: Der EZB-Rat habe beschlossen, vorrübergehend griechische Staatsanleihen sowie von Griechenland garantierte Wertpapiere nicht mehr als Sicherheiten für Kredite zu akzeptieren, teilte die Notenbank am Dienstag mit. Das dürfte vor allem griechische Banken treffen, die besonders viele Griechenland-Bonds halten. Üblicherweise können diese bei der EZB als Pfand für Kredite hinterlegt werden.
Allerdings will die EZB Griechenland dennoch weiter mit frischem Geld versorgen. Zunächst soll der Mittelbedarf über die Notfall-Liquiditätslinien des Eurosystems gewährleistet werden.