Report: „12 Uhr mittags“ - Banken überstehen erste Feuerprobe

Nikosia (dpa) - Für Sakis Sizlis hat sich diszipliniertes Anstehen vor einer Filiale der Bank of Cyprus in Nikosia bezahlt gemacht. Als einer der ersten kann der Rentner nach fast zwei Wochen eine Bank betreten.

In seiner Hosentasche hat er nur noch einige Münzen, die er demonstrativ vorzeigt.

„Schau mal. Das ist, was ich übrig habe“, sagt Sizlis. „Ich kann mit den Geldautomaten nicht umgehen. Ich hab keine Ahnung von Karten, mein Freund. Meine Rente müsste da sein, und ich muss in die Bank, um 300 Euro abzuholen.“ Aber die Verbitterung ist enorm. „Die Haie sind gekommen und haben unser Geld gefressen. Hier müssten nicht Menschen stehen. Hier müssten Galgen stehen“, sagt er.

Polizisten und private Sicherheitsleute postieren sich neben den Eingängen, wo Kunden schon seit Stunden warten. In kleinen Gruppen lassen Bankangestellte die Wartenden von 12 Uhr Ortszeit an in die Schalterräume. Zunächst kommen vor allem ältere Menschen, die nicht mit Geldautomaten umgehen können oder wollen.

Seit dem Vortag hatten Regierungsvertreter und Sprecher von Verbänden aufgerufen, Chaos zu vermeiden. Zugleich wurde das Bankenwesen mit Bargeld ausgestattet. Medien berichteten, mit einer Sondermaschine seien aus Frankfurt insgesamt fünf Milliarden Euro eingeflogen und in Containern zur Zentralbank gebracht worden. Der schwer bewachte Konvoi sei 200 Meter lang gewesen. Psychologisch hat die Lieferung wohl Druck aus der gespannten Situation genommen.

Staatspräsident Nikos Anastasiades dankte der disziplinierten Bevölkerung am Donnerstag für „Reife“. Dies sei eine klare Nachricht an das Ausland, dass das zyprische Volk die Insel aus der Krise führen wolle. Wie sonst wohl nur vor einem Krieg oder bei Revolutionen hingen die Menschen am Vorabend der Öffnung vor den Fernsehern, um sich über die Einschränkungen im Zahlungsverkehr zu informieren.

Viele Probleme beginnen aber erst noch. „Ich gehe dann also in die Bank und sage, guten Tag. Ich will etwas überweisen“, leitete ein Moderator im Staatsfernsehen RIK ein Gespräch mit einem Experten der Zentralbank zu Überweisungen ins Ausland ein. „Dann haben Sie sicher Papiere wie Rechnungen dabei. Wenn es mehr als 5000 Euro sind, entscheidet unsere Kommission in der Zentralbank, der die Anträge vorgelegt werden“, erklärt der Zentralbank-Mann.

„Und wenn ich eine Million auf dem Konto habe. Dann kann ich über 100 000 Euro verfügen und 900 000 sind einfach verpufft?“, fragte der Moderator nach. „Ähm, ja, eingefroren“, sagte der Experte. Wann, ob überhaupt und über wie viel von diesem Geld wieder verfügt werden kann, war am Donnerstag unklar. Das ist nicht nur für Geschäftsleute, die ihre Betriebe finanzieren müssen, eine dramatische Situation. Auch Privatleute und karitative Organisationen sind betroffen.

Zyprische Fernsehsender befragten am Donnerstag russische Bankkunden in der Hafenstadt Limassol, einer Touristenhochburg. „Wir werden jetzt langsam weggehen“, sagte eine russische Frau.

Ein Franzose protestierte mit einer Provokation auf der zwischen Türken und Griechen geteilten Insel. Er zeigte vor der Filiale der Bank of Cyprus eine türkische Fahne und löste damit eine heftige Rangelei und wütende Schreiereien aus. Die Polizei musste ihn vor aufgebrachten Zyprern schützen. Beamten nahmen den zitternden Mann mit zu einer Wache. „Ich protestiere aus Wut, weil sie mir mein Geld wegnehmen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.