Report: Das bange Warten der Angehörigen
Surabaya (dpa) - Die Nachricht trifft wie ein Schlag: Ein Flugzeug wird vermisst. Wer Angehörige oder Freunde an Bord hat, hofft auf ein Wunder. Und muss mit dem Schlimmsten rechnen.
Die junge Frau hat die Hand vor den Mund geschlagen, ungläubig starrt sie am Juanda-Flughafen von Surabaya in Indonesien auf die Passagierliste von AirAsia-Flug QZ8501. Ihr Blick sagt alles, sie wirft sich in die Arme einer Freundin. 162 Namen stehen auf der Liste. Die jetzt eine Vermisstenliste ist.
Die Angehörigen warten an dem Flughafen in einem trostlosen Raum. Ein paar Sessel, ein paar Regale, Kisten an der Wand. Manche suchen in der Umarmung Trost und weinen, andere starren bewegungslos aus dem Fenster. Ein kleiner Junge ist mit seinen Verwandten hier, er spielt mit dem Smartphone. Das Militär reicht Wasserflaschen. Stunde um Stunde vergeht. Die Anspannung ist kaum erträglich.
Keine Nachricht von den Suchtrupps. Das bedeutet: weiter hoffen. Auf eine erlösende Nachricht, etwa von einer geglückten Notlandung oder Notwasserung. An MH370 wagt niemand zu denken. Trotzdem ist der Gedanke da: Das Flugzeug mit 239 Menschen an Bord verschwand im März ein paar tausend Kilometer weiter nördlich vom Radar. Eine großangelegte Suche begann, die die ganze Welt verfolgte. Und die bis heute ergebnislos ist.
Wer am Sonntag von Surabaya mit dem AirAsia-Flug nach Singapur will, muss schon in der Nacht aufstehen. 05.32 Uhr Ortszeit hebt der Flieger ab. 1400 Kilometer ist die Strecke, der Flug dauert gut zweieinhalb Stunden. 30 bis 40 Euro nimmt AirAsia dafür. Solche Preise machen Fliegen bezahlbar. Singapur ist ein Magnet für Arbeitskräfte. An Bord sind überwiegend Indonesier - viele dürften das lange Weihnachtswochenende für einen Kurzbesuch zu Hause genutzt haben.
Andere wollten sicher zum Shoppen in die Metropole, die zum Jahreswechsel immer mit Schnäppchen lockt. Oder zum Feiern, wie Purnomo. Der Mann, der wie viele Indonesier nur einen Namen hat, wäre fast an Bord gewesen: „Ich war gebucht, ich wollte Neujahr mit Freunden in Singapur verbringen“, sagt er im Fernsehen. „Ich musste wegen einer Familiensache absagen.“ Sieben Freunde waren an Bord.
Die koreanischen Passagiere an Bord planten wohl auch einen Kurztripp ins nahe Singapur. Sie lebten in der Nähe von Surabaya, wie der Südkoreaner Chung Gon Young dem Sender TV One sagte. „So weit ich weiß waren sie Missionare und dabei, Indonesisch zu lernen.“
Am Zielflughafen in Singapur werden die abgeschirmt, die auf Verwandte und Bekannte warteten. Bei QZ8501 steht auf der Ankunftstafel da, wo sonst hinter der Flugnummer „gelandet“ oder „verspätet“ eingeblendet ist, „gehen Sie zum Informationsschalter“. Ein Mitarbeiter von AirAsia hält ein Schild mit der Flugnummer noch. Er weist den Weg zu dem geschützten Raum, in dem die Verwandten warten können. Ein Team der indonesischen Botschaft trifft nach ein paar Stunden ein.
Am AirAsia-Schalter ist Betrieb wie eh und je. „Wir waren schockiert, als wir das hörten“, sagt Lim Su Teong, der mit AirAsia nach Penang in Malaysia fliegen wollte. Seinen Flug wollte er deshalb nicht absagen. „Das hat das Schicksal schon vorbestimmt, wann und wie man stirbt, wenn es passiert, passiert's.“ Und Marlo, der mit seiner Familie auf denselben Flieger wartet, ergänzt: „Klar haben wir Angst, aber wir müssen heute nach Hause.“