Report: Hupkonzert vor der Kathedrale in Buenos Aires
Buenos Aires (dpa) - Vor der katholischen Kathedrale auf der Plaza de Mayo in Buenos Aires ertönt ein Hupkonzert. Ein Taxifahrer hält an einem Zebrastreifen, beugt sich aus seinem Auto und streckt die Faust in die Luft: „Argentinien ist Papst!
Lasst uns feiern!“.
Fußgänger versammeln sich um sein Auto, sie klatschen und rufen. Viele sind auf dem Weg in die Kathedrale, wo sich bereits viele Menschen zusammengefunden haben, um die Wahl des neuen Papstes Franziskus I. zu feiern, des bisherigen Erzbischofs von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio. Einige sitzen auf den Gebetsbänken und beten im Stillen. Andere laufen bis zum Altar, bekreuzen sich und weinen.
Auch Adriana Giménez (54) wischt sich die Tränen aus den Augen: „Ich bin sehr gerührt und auch überrascht. Als ich die Nachricht gehört habe, bin ich sofort aus meinem Büro gestürmt. Ich kann es noch gar nicht glauben. So lange kenne ich ihn schon, habe ihn immer bei den Messen gesehen. Er ist ein sehr empfindsamer und kämpferischer Mensch und ich bin mir nicht sicher, ob es sein größter Wunsch war, Papst zu werden. Aber ich bete für ihn. Mit Bergoglio als Papst wird die Welt hoffentlich stärker auf Lateinamerika blicken.“
Auch für María Cajal (60) ist es ein emotionaler Moment: „Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ein Argentinier Papst wird. Alle haben gedacht, dass es ein Brasilianer oder Italiener wird. Da ich sehr gläubig bin, macht mich diese Entscheidung unglaublich glücklich. Für alle Argentinier ist das ein wichtiger Moment.“
Zwei enge Mitarbeiter Bergoglios lobten die Bescheidenheit und Intelligenz des neuen Papstes. Seine Nähe zu den Menschen und seine Ausstrahlung seien weitere Tugenden des neuen Papstes, meinten der Provikar des Erzdiözese Buenos Aires, Eduardo García, und Rektor Alejandro Ruso. Bergoglio habe immer unterstrichen, die Kirche sei Gottesvolk und nicht nur Hierarchie.
Die Kirche Argentiniens hat in der Gesellschaft traditionell eine starke Rolle gespielt. In den letzten Jahrzehnten hat sich diese jedoch etwas abgeschwächt. Gründe sind die offene Unterstützung der früheren Militärdiktatur seitens der damaligen Kirchenspitze und eine Abwendung von der Religion, die vor allem bei der Stadtbevölkerung zu beobachten ist. Deshalb konnte auch Bergoglio die Homo-Ehe und ein begrenztes Abtreibungsrecht nicht verhindern, obwohl er vehement dagegen Front machte.
Mit den Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner kam es wiederholt zu Konfrontationen. So verlegten die Kirchners den traditionellen Gottesdienst zum Nationalfeiertag in der Kathedrale der argentinischen Hauptstadt in verschiedene Provinzhauptstädte, in denen sie weniger kritische Worte vom lokalen Bischof erwarten konnten.
Nach einigen Minuten des Schweigens hat die sonst sehr twitterfreudige Staatschefin Argentiniens, Cristina Fernández de Kirchner, den neuen Papst Franziskus I. über ihren Account beglückwünscht. „Wir wünschen, dass Sie als Kirchenführer eine fruchtbare Aufgabe erfüllen werden, in so großen Verantwortungen im Streben um Gerechtigkeit, Gleichheit, Brüderlichkeit und den Frieden der Menschheit“, heißt es in nüchternem Ton in einem an den Papst gerichteten Brief.
Auf den Straße von Buenos Aires war der Enthusiasmus und Nationalstolz ausgeprägter. „Wir hatten Messi und Maradona und jetzt auch noch den Papst!“, freute sich der 20-jährige Martín vor der Kathedrale.