Report: Tanks voller E10 - Ärger in einer Raffinerie

Schwedt/Berlin (dpa) - Dampfende Schlote, wohin man blickt. Und ein Labyrinth aus metallenen Rohren. Es ist kein schöner Ort, an dem E10 produziert wird. Und er ist weit abgelegen von den pulsierenden Verkehrsadern, die er versorgt: In Schwedt an der Oder.

100 Kilometer nordöstlich von Berlin entfernt liegt die riesige PCK-Raffinerie. In der Industrieanlage in der brandenburgischen Provinz wird jener neue Bio-Kraftstoff hergestellt, der momentan die Gemüter der Autofahrernation Deutschland erregt. Irgendwo in den gewaltigen Tanks muss E10 lagern. Daneben aber auch riesige Mengen anderer Heiz- und Kraftstoffe: 12 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet PCK jedes Jahr zu Diesel, Benzin, Kerosin und Heizöl. Damit gehört das Unternehmen zu den größten Rohöl-Verarbeitungsstandorten in Deutschland. Im Großraum Berlin würde es ohne PCK schnell Stillstand geben.

Der Herr über die vielfältigen Spritsorten aus der Uckermark heißt Jos van Winsen, er begrüßt freundlich mit niederländischem Akzent. Van Winsen ist PCK-Geschäftsführer und verantwortet die Bereiche Produktion und Technik.

Der 51 Jahre alte Manager sagt: Das Durcheinander um E10 und den Boykott der Autofahrer sei „ärgerlich“ und „schade“: Es habe viel Zeit im Voraus gekostet, die Einführung für den deutschen Markt bestmöglich vorzubereiten. Wegen des Chaos müssten jetzt alle im Unternehmen mehr arbeiten. Dabei sei doch für jeden im Internet relativ leicht einzusehen, ob das eigene Auto E10 vertrage.

Am 1. Februar wurde bei PCK im Akkord mit der Herstellung des neuen Bio-Sprits begonnen. Nach Unternehmensangaben war es die erste deutsche Raffinerie überhaupt, die ihn herstellte. Insgesamt produzierten die Brandenburger im ersten Monat 40 000 Tonnen E10. Mittlerweile wurde die Geschwindigkeit laut van Winsen aber gedrosselt.

Denn Millionen deutsche Autofahrer lehnen den Bio-Sprit ab. Zahlen will der PCK-Geschäftsführer nicht nennen. Doch van Winsen macht deutlich, dass das E10-Chaos seinen Betrieb vor große Probleme stellt: „Man ist nicht unendlich flexibel“, sagt der Niederländer. Jetzt müssen sie bei PCK warten, bis eine Entscheidung getroffen ist, wie es mit E10 weitergeht. Hoffentlich helfe der „Benzingipfel“ im Bundeswirtschaftsministerium, sagt van Winsen. „Die Gesamtindustrie braucht Klarheit.“

Zu Vorwürfen, die Mineralölwirtschaft sei für die Probleme mit E10 verantwortlich, sagt man in der Raffinerie nur: Diese sei ein Beteiligungsunternehmen mehrerer Gesellschafter, darunter Konzerne wie BP, Shell und Total. „Wir liefern, was die Gesellschafter bestellen“, sagt PCK-Geschäftsführer van Winsen. Privat ist der Manager ohnehin nicht vom E10-Chaos betroffen: „Ich fahre Diesel“, sagt er verschmitzt.