Report: Wasserbrücke für die Flutopfer

Deggendorf (dpa) - Der Deggendorfer Ortsteil Fischerdorf steht meterhoch unter Wasser. Möbel, Benzinkanister und Unmengen von Holz schwimmen in der braunen Brühe. Das Wasser ist mit Öl getränkt, riesige Tanks schwimmen herum.

Mit einem schwarzen Schlauchboot wird Joachim Zimmermann zu seiner Schreinerei in Fischerdorf gebracht - jenem Stadtteil in Deggendorf, der komplett vom Hochwasser der Isar und der Donau überspült ist. Der 51-Jährige will am Donnerstag sehen, was von seinem Betrieb der in der dritten Generation geführt wird, noch zu retten ist.

Die Feuerwehrleute auf dem Boot trauen sich nur selten den Motor anzuwerfen, weil sie direkt über die Straßen gleiten, unter denen überschwemmte Autos stehen. Zwischen den einzelnen Ruderschlägen tauchen immer wieder Heizöl- und Gastanks auf, so groß wie Autos. Auf einem Hausdach, das noch so eben aus dem Wasser schaut, ruhen sich ein paar Gänse aus. Ein irreales Szenario mitten in Deutschland.

Als das Schlauchboot bei der Schreinerei ankommt, zeigt sich für Zimmermann das ganze Ausmaß der Katastrophe. „Die Werkstatt im Erdgeschoss steht komplett unter Wasser, alle Maschinen und die Materialien wir Lacke und Holz sind umspült“, sagt er. Dabei hatte er vor einigen Tagen die Türen noch mit Folien und Montageschaum abgedichtet. „Jetzt habe ich eine Tür nach innen aufgerissen, damit das Wasser später abfließen kann.“

Er sei froh über die Soforthilfe von 5000 Euro, betont Zimmermann - es sei aber halt nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Daher sprach der 51-Jährige am Morgen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) an, als dieser gemeinsam mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Deggendorf besuchte. „Ich habe ihn gefragt, ob ich nicht besser Insolvenz anmelden soll?“ Zeil habe geantwortet, die Staatsregierung werde sich kümmern, er solle nichts Unüberlegtes tun.

Am Donnerstag warten an der Straße hinter der Maximilianbrücke, die abrupt am Wasser endet, noch weitere Bewohner auf eine Bootsfahrt zu ihren Häusern. „Ich will Schulsachen für meinen Sohn holen. Der muss bald wieder zur Schule“, sagt Sandra Rager. Sie lebt mit den Schwiegereltern in einem Haus. Die junge Familie wohnt im ersten Stock - dort ist alles unter Wasser und zerstört: Möbel, Küche und Teppiche sind nur noch ein Fall für den Sperrmüll.

Helmut Müller gehört zu denen, die ihr zu Hause erst verlassen haben, als ihnen das Wasser buchstäblich bis zum Halse stand. „Wir haben ein Hotel im Ort, dort ist unsere Tochter geboren. Das kann ich doch nicht einfach aufgeben“, sagt der 73-Jährige. In letzter Minute hatte er sein Wohnmobil aus dem Ort gebracht. Dort wohnt er nun mit seiner Frau. „Wir brauchen aber noch dringend Kleidung und Waschzeug, deshalb warten wir auf ein Boot.“

Bevor sich Sandra Rager und Helmut Müller auf die Fahrt zu ihren Häusern machen können, werden sie jedoch von einer Warnung aufgeschreckt: „Explosionsgefahr wegen akuten Gasaustritts! Die Brücke muss sofort evakuiert werden!“ ruft der Einsatzleiter der Fischerdorfer Feuerwehr. Die ohnehin verzweifelten, erschöpften und nervlich erheblich angespannten Menschen müssen die Brücke verlassen und weiter warten. Erst am Nachmittag sollten die Bootsfahrten fortgesetzt werden.

Unterdessen spitzte sich die Hochwasserlage im Landkreis Deggendorf weiter zu. Nach zwei Dammbrüchen in den vergangenen Tagen drohte am Morgen ein weiterer Damm unter den Fluten einzustürzen. Bis die Bewohner in Ortschaften wie Fischerdorf wieder an ein normales Leben können, werden noch Wochen vergehen. Das Hochwasser 2013 wird ihnen lebenslang in Erinnerung bleiben.

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