Reportage: Große Enttäuschung in Athen
Athen (dpa) - Sie hatten sich in Athen schon auf eine Jubelfeier mit Autokorso eingestellt, aber am Ende schlichen die Griechen geknickt nach Hause. 4:2 für Deutschland, das war definitiv nicht das Ergebnis, das man sich hier gewünscht hätte.
Dabei fing alles so gut an.
In der Athener Innenstadt waren Bars, Restaurants und Cafés am Freitag proppevoll. Auch wenn die Atmosphäre allgemein friedlich war, schwappte die Stimmung mancherorts in Aggression um. Kaum erschien Kanzlerin Angela Merkel auf dem Fernsehbildschirm, entbrannte eine ohrenbetäubende „Buh“-Welle. Schimpfwörter flogen durch die Luft, „Fuck Merkel, Fuck Merkel“ und „I hate Germans“ skandierten einige.
Der beste Ort war jene Bar am Rande der Akropolis für deutsche Zuschauer nicht. Nur einige outeten sich als Deutsche, so zum Beispiel Sabrina Preuß aus Übach-Palenberg bei Aachen. Doch mit ihrer aufgemalten schwarz-rot-goldenen Flagge im Gesicht zog sie den Ärger einiger halbstarker Griechen auf sich.
Genauso wie Gunnar aus Köln: „Hier sind auch Gläser geflogen, es war zum Teil schon eine aggressive Stimmung - aber das gilt auf keinen Fall für ganz Griechenland, das ist hier die absolute Ausnahme“, sagte er. Umringt werden er und Sabrina von Kamerateams aus Deutschland, Frankreich und Brasilien - endlich hatten die Journalisten Deutsche in Athen gefunden, hatten die sich doch zuletzt extrem rargemacht.
In der ersten Halbzeit war der Optimismus bei den Griechen noch groß. Als das erste Tor für ihre Mannschaft fiel, kannte der Jubel keine Grenzen mehr - man konnte meinen, Griechenland sei nicht nur Europameister, sondern auch Weltmeister geworden und gleichzeitig von all seinen Schulden befreit worden. Die Fans lagen sich in den Armen, tanzten, sprangen, schrien wie von Sinnen.
Als aber ein Tor für Jogi Löws Elf nach dem anderen fiel, wurde es in den Bars immer stiller. Da konnte der zweite Treffer der Griechen auch nicht mehr viel ausrichten. Aber die meisten Fans trugen es mit Fassung. „Wir haben uns gut geschlagen - und den Euro haben wir immerhin auch noch“, sagte ein älterer Mann auf dem Heimweg.