Rösler: Schädlicher Westerwelle-Zoff
Berlin (dpa) - FDP-Chef Philipp Rösler hat eingeräumt, dass die Debatte über Außenminister Guido Westerwelle ein Grund für das Wahldebakel der Liberalen in Mecklenburg-Vorpommern gewesen ist.
Dies sei umso trauriger, weil die Partei ihren kleinen Aufwärtstrend so in den letzten zehn Tagen vor der Wahl selber kaputt gemacht habe. FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki sagte der „Leipziger Volkszeitung“, die Meinung der Bürger sei, dass die FDP als Marke momentan „generell verschissen“ habe. Die Liberalen waren in Mecklenburg-Vorpommern mit nur 2,7 Prozent aus dem Landtag geflogen.
Rösler, der die FDP mit ihren „Brot-und-Butter“-Themen aus der Krise führen will, ging anschließend auf Distanz zu Kubicki. So eine Begrifflichkeit würde er sich nie anmaßen, sagte der Vizekanzler am Montag in Berlin. Die FDP müsse sich nicht neu erfinden, sondern auf den Markenkern der Wirtschaftskompetenz konzentrieren.
Auffällig war, dass Rösler und zuvor Generalsekretär Christian Lindner in ihren Wahlanalysen nicht mehr so offensiv wie sonst Steuersenkungen einforderten. „Es ist ein Thema von vielen weiteren“, sagte Rösler. Es sei aber noch immer Lesart der FDP, neben der Sanierung des Bundeshaushaltes auch die Bürger zu entlasten.
FDP-Vize Holger Zastrow forderte, die für Anfang 2013 geplanten Steuerentlastungen möglicherweise auf den 1. Juli 2012 vorzuziehen. Die Union müsse sich an den Koalitionsvertrag halten, sonst müsse die FDP Konsequenzen ziehen. „Dann geht das nicht mehr mit der Union“, sagte Zastrow „sueddeutsche.de“ und drohte indirekt mit einem Koalitionsbruch.
Anhaltend großen Unmut gibt es in der Partei über den Umgang mit Westerwelle, den Rösler in der Libyen-Politik überstimmt hatte. Rösler sagte zur Kritik an seinem Vorgänger: „Ausdrücklich ist jede Personaldebatte beendet.“
Rösler kündigte an, bei der nächsten Vorstandssitzung nach den Wahlen in Berlin am 18. September Vorschläge für die Ausrichtung der FDP bis 2013 vorzulegen. Zum Scheitern in Mecklenburg-Vorpommern meinte der Wirtschaftsminister: „Es ist schon erschütternd, dass die rechtsradikale NPD doppelt so viele Stimmen erhalten wie die FDP.“
Kubicki kritisierte den Westerwelle-Streit scharf. Wer 14 Tage vor einer Landtagswahl eine solche Diskussion beginne „ohne Sinn und Verstand und damit dokumentiert, dass es vielen in der Partei nur um sich selbst geht und nicht um die gesellschaftliche Mitte, der muss sich dann nicht wundern über eine solche Blamage, bei der die FDP schwächer ist als Linke und Rechtsradikale“. Auf die Frage, für welche Position denn der neue Parteichef Rösler stehe, sagte Kubicki: „Auf diese Frage kann ich keine vernünftige Antwort geben.“