Rösler will Benzinpreise unter Staatsaufsicht stellen
Berlin (dpa) - Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Mineralölkonzerne unter stärkere staatliche Kontrolle stellen. Tankstellen sollen einer neuen „Markttransparenzstelle“ künftig jede Änderung der Kraftstoffpreise differenziert nach Produkt, Zeitpunkt und Produktmengen übermitteln.
Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Die Branche sieht keinen Nutzen und spricht von einem Bürokratiemonster.
Rösler betonte hingegen am Freitag: „Transparenz und Wettbewerb am Benzinmarkt müssen gestärkt werden.“ Das sei ein entscheidendes Instrument für Preisstabilität. Die geplante Schaffung der beim Bundeskartellamt angedockten Stelle ist eine Ergänzung zur Überwachung von Gas- und Strompreisen durch das Kartellamt. Der Plan war von Rösler schon vor Ostern im Zuge der Debatte um hohe Benzinpreise bekanntgemacht worden. Das Gesetz könnte Anfang Mai, kurz vor den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen vom Kabinett beschlossen werden und im Herbst in Kraft treten.
Die FDP kämpft in beiden Ländern um den Wiedereinzug in die Landtage. Rösler hatte sich als weiteres Element im Kampf gegen hohe Spritpreise zuletzt auch für eine höhere Pendlerpauschale ausgesprochen, obwohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dagegen ist.
Die Betreiber der rund 14 700 Tankstellen in Deutschland müssten mit der neuen Regelung künftig detailliert darüber Auskunft geben, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Außerdem müssten sie melden, welche Mengen an Treibstoffen sie wo und wie teuer eingekauft haben.
Die Regelung wäre eine Ergänzung zu dem Regierungsbeschluss, wonach die fünf großen Mineralölkonzerne freien Tankstellen Kraftstoff nicht teurer verkaufen dürfen als an eigene Tankstellen. Die Einrichtung zur staatlichen Überwachung der Benzinpreise würde nach Meinung der Mineralölbranche auf ein „Bürokratie-Monster“ hinauslaufen. „Die Erhebung von Preis- und Mengenzahlen von knapp über 14 700 Tankstellen führte jeden Monat zu Millionen von Daten“, heißt es in einer Stellungnahme des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) zu dem Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Rösler.
„Mit der Marktbeobachtungsstelle würde ein Bürokratiemonster geschaffen“, betont der MWV. Die Erhebung und Auswertung der Daten sei mit hohen Kosten verbunden. „Die Politik muss diese Kosten gegenüber dem Verbraucher rechtfertigen, denn der muss sie am Ende tragen.“ In dem Gesetzentwurf fehlen Angaben zu den Kosten und der Zahl der benötigten Mitarbeiter der Behörde. Bei so vielen Daten könnte die Beschäftigtenzahl nach Branchenschätzungen im hohen dreistelligen Bereich liegen.
Es gilt als fraglich, ob dadurch die Benzin- und Dieselpreise sinken könnten. Die Branche betonte, auf die Tankstellenbetreiber kämen durch die Meldepflicht erhebliche Kosten zu, die umgelegt werden müssten. In einer mehrjährigen Marktananalyse habe das Kartellamt zudem keine Beweise für wettbewerbswidriges Verhalten und illegale Preisabsprachen gefunden. Die Wettbewerbshüter selbst stehen in der Kritik, weil sie seit Jahren Maßnahmen für mehr Wettbewerb im Kraftstoffbereich ankündigen, sich aber meist wenig verändert hat.
Präsident Andreas Mundt hatte sich zuletzt auch für die Prüfung von im Ausland praktizierten Modellen zur Begrenzung mehrmals täglicher Preiserhöhungen stark gemacht. Auch die Verkehrsminister der Länder dringen auf eine Preisfessel für Tankstellen. Im Gespräch ist das in Westaustralien praktizierte Modell, wo einer Behörde am Vortag ein Festpreis für den Folgetag gemeldet werden muss. Zudem wird über den in Österreich praktizierten Weg diskutiert, wo nur einmal täglich am Mittag der Benzinpreis an Tankstellen erhöht werden darf. Experten bezweifeln aber, dass die Modelle zu niedrigeren Preisen führen könnten, da viele Tankstellen aus kaufmännischen Gründen die Preise eher zu hoch als zu niedrig einstellen könnten.