Schäuble hält an Etatzielen fest
Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will trotz der Milliardenzusagen an die Länder im Zuge des europäischen Fiskalpaktes keine Abstriche an seinen Haushaltszielen machen.
Aus Regierungskreisen verlautete am Montag in Berlin, die Abweichungen vom Etatentwurf für 2013 könnten im Haushaltsverfahren geschultert werden. Die Zusatzbelastungen dürften sich im nächsten Jahr dem Vernehmen nach bei 1,2 Milliarden Euro bewegen. Davon entfallen etwa 580 Millionen Euro auf den Kinderkrippen-Ausbau.
Bund und Länder hatten sich am Sonntag im Kanzleramt auf Eckpunkte zur Umsetzung des europäischen Fiskalpaktes für Haushaltsdisziplin verständigt. Damit ist die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat am Freitag zur Ratifizierung des Fiskalpaktes gesichert. Allerdings hat das letzte Wort das Verfassungsgericht. Unter anderem will die Linke den Fiskalpakt zu Fall bringen, weil er massiv in nationale Haushaltsrechte eingreife. Wegen der Klagen kann der im Paket mit dem Fiskalpakt verhandelte dauerhafte Rettungsschirm ESM nicht wie geplant zum 1. Juli starten. Er sieht Notkredite mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro für kriselnde Euroländer vor.
Schäuble will 2013 die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten und damit drei Jahre früher als nötig. Zudem peilt er 2016 einen Etat ohne neue Schulden und mit einem Überschuss an - erstmals seit mehr als 40 Jahren. Dann will der Bund mit der Schuldentilgung starten.
Mit den Ländern wurde trotz der Sparziele vereinbart, dass der Bund sich ab Ende 2013 an den Kosten der Eingliederungshilfe für Behinderte beteiligt. Konkrete Beträge wurden nicht genannt. Zudem soll in diesem Herbst über die Fortsetzung der 2014 auslaufenden Zahlungen des Bundes etwa für den Kommunalverkehr entschieden werden. Ferner wollen Bund und Länder ab 2013 gemeinsam Anleihen anbieten. Es bleibt bei einer Teilschuldner-Haftung. Die Länder hoffen, damit von den niedrigen Zinsen des Bundes zu profitieren.
Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz (SPD) sieht in dem Kompromisspaket eine gute Basis, damit den Ländern Ausgabenspielräume bleiben. Es werde bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen eine Neuordnung geben, sagte Scholz am Montag in Berlin. Das Gesetz sei heute nicht gut organisiert, da betroffene Bürger sich oft an unterschiedliche Finanzierungsträger wenden müssten. „Da wird mancher von einer Tür zur anderen geschickt.“ Die Länder, die hierfür 12 bis 13 Milliarden Euro pro Jahr ausgeben, hatten auf einen schrittweisen Einstieg des Bundes in die Finanzierung gepocht.
Bund und Länder würden nun über ein neues Bundesleistungsgesetz verhandeln, das in der nächsten Legislaturperiode in Kraft treten solle. Zudem werde der Bund zwei Erklärungen abgeben, sagte Scholz. Zum einen, dass er 580 Millionen Euro für neue Kita-Plätze geben werde und zum anderen, dass er den Kita-Ausbau mit 75 Millionen Euro jährlich unterstützen werde. „Das ist insgesamt ein ordentliches Ergebnis, das dazu beiträgt, dass wir als Gesamtstaat unsere Verpflichtungen aus dem Fiskalpakt erfüllen können“, betonte Scholz.
Scholz nannte die gemeinsamen Anleihen eine gute Antwort auf die Sparzwänge durch den Fiskalpakt. 2013 solle eine erste Bund/Länder-Anleihe auf den Weg gebracht werden. „Das ist auch ein wichtiger Beitrag, um den Ländern in einer veränderten Situation auf dem Bondmarkt zu helfen“, betonte der Regierungschef der Hansestadt. Da die Länder ab 2020 keine Schulden mehr machen dürfen, werde der Markt zur zinsgünstigen Kreditbeschaffung für die Länder kleiner. „Deshalb braucht man eine langfristige und zukunftsfähige Lösung.“
Nach der Einigung der Regierung mit der rot-grünen Opposition und den Ländern macht die Linke weiter gegen den Fiskalpakt mobil. „Ich halte eine Volksabstimmung für zwingend. Alles andere wäre ein kalter Putsch gegen das Grundgesetz“, sagte Parteivize Sahra Wagenknecht der „Passauer Neuen Presse“. „Wenn der Bundestag nicht mehr umfassend über den Haushalt entscheiden kann, dann steht die parlamentarische Demokratie als Ganzes zur Disposition.“
SPD und Grüne hatten der Regierung am Donnerstag die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer und ein milliardenschweres Wachstumspaket für ihre Zustimmung im Bundestag abgetrotzt. Der Fiskalpakt sieht vor, dass ausgeglichene Haushalte angestrebt und strenge Schuldenbremsen eingeführt werden sollen. Bei Verstößen kann Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden.