Anti-Terror-Razzia Schlag gegen Salafisten-Hochburg Hildesheim
Hildesheim/Tönisvorst (dpa) - Draußen steht eine Gruppe Polizisten in Kampfmontur, drinnen wird gebetet. „Das Mittagsgebet steht an“, sagt ein junger Mann, der sich auf dem Weg zum Gebetsraum der Hildesheimer DIK-Moschee die Schuhe abstreift.
Was so unscheinbar aussieht, gilt aus Sicht der Behörden als ein Zentrum des radikalen Salafismus in Deutschland. Einer der einflussreichsten Prediger der Szene, genannt Abu Walaa, soll auch hier gewirkt haben.
Viele Anwohner der Moschee verfolgen den Schlag gegen den verdächtigten „Deutschsprachigen Islamkreis Hildesheim e.V.“ (DIK) am Vormittag hinter ihren Fensterscheiben. Sie haben ein derart großes Polizeiaufgebot schon vor einigen Monaten gesehen. Im Sommer war die Moschee des Vereins nach monatelangen Ermittlungen schon einmal durchsucht worden. Zu den fünf Verdächtigen, die in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen als mutmaßliche Werber für die IS-Terrormiliz verhaftet wurden, gehört auch Abu Walaa.
Nachbarn im beschaulichen Tönisvorst bei Krefeld wissen nichts Schlechtes über den Mann zu berichten, den deutsche Sicherheitsbehörden für einen salafistischen Chefideologen und Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) halten. Sie kennen nur den 32-jährigen Iraker, der mit Frau und vier Kindern unauffällig in einem Haus an der Zufahrtsstraße zum Ortskern lebt.
Auf dem Klingelschild steht der richtige Name Abdulaziz Abdullah A.. Ungläubigkeit schwingt bei Nachbar Paul Weber mit: „Wir können uns nicht vorstellen, dass der so was macht.“ Patente Leute seien das, würden immer grüßen, seien rücksichtsvoll - entschuldigten sich, wenn sie mal den Behindertenparkplatz belegt hätten. Der Mann habe immer mehrere Autos mit unterschiedlichen Kennzeichen gehabt, sagt Nachbar Weber. Einige Leute hätten sich gefragt, wovon der Mann lebt. Er soll zudem einen Zweitwohnsitz samt Zweitfrau bei Hildesheim haben.
Hildesheim hat sich nach Angaben von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) längst zu einem Schwerpunkt radikal-islamischer Salafisten in Niedersachsen entwickelt. Ausgerechnet ein Ort, der als katholische Hochburg im weitgehend protestantischen Norden gilt, macht nun Schlagzeilen im Zusammenhang mit religiösen salafistischen Eiferern. Eine Anwohnerin, die unter Beobachtung eines guten Dutzend Bereitschaftspolizisten an der Moschee ihre Hunde ausführt, macht keinen Hehl aus ihrer Empörung. „Wenn man hört, dass wir hier in Hildesheim eine Salafisten-Hochburg haben, dann wird mir ganz übel“, gesteht sie.
Die Sicherheitsbehörden haben den DIK seit 2013 im Visier. Sie wollen Erkenntnisse haben, wonach in dem Verein Muslime radikalisiert und zur Teilnahme am Dschihad (Heiligen Krieg) motiviert wurden und ihn daher verbieten. In Predigten, Seminaren und Vorträgen soll zum „Hass gegenüber Ungläubigen“ aufgerufen werden, diverse Moscheebesucher sollen von Hildesheim aus nach Syrien und in den Irak ausgereist sein, um sich dem IS-Terror anzuschließen. Und was sagen die Betroffenen selbst? „Wir möchten nichts sagen, weil unsere Sicht der Dinge immer verdreht dargestellt wird“, sagt ein junger Mann freundlich.