Analyse Schüsse in Ouagadougou werfen Fragen nach Stabilität auf

Ouagadougou (dpa) - Gegen 21.30 Uhr brach Panik aus in Ouagadougous Restaurantviertel entlang der Avenue Kwame N'krumah. Unbekannte stürmten das „Café Istanbul“ und schossen mit automatischen Waffen auf die Gäste.

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„Wir dachten zunächst an einen Überfall“, sagte Moussa Ouedraogo vor der Kamera eines französischen TV-Teams. „Dann merkten wir, dass es viel schlimmer ist.“ Wie viele andere Augenzeugen stand auch er zunächst unter Schock. Das Viertel war schon vor einem Jahr Schauplatz einer ähnlichen Attacke. Kaum 200 Meter entfernt hatten Kämpfer des afrikanischen Ablegers des Terrornetzwerks Al-Kaida im Januar 2016 auf ähnliche Weise das Bistro „Le Cappuccino“ überfallen und 29 Menschen getötet sowie knapp 70 weitere verletzt.

Der Tatort in der Hauptstadt des westafrikanischen Sahelstaates Burkina Faso liegt gerade mal 460 Kilometer Luftlinie entfernt vom Einsatzort der Bundeswehr, als Teil der UN-Friedenstruppe im Nachbarstaat Mali. Beide Staaten gehören mit Niger, Mauretanien und Tschad einer Fünf-Länder-Gruppe an, die im Kampf gegen mit dem islamistischen Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene Gruppierungen an vorderster Front stehen. Denn die Wüste der Sahelzone ist ein Rückzugsort für Schleuser, Kriminelle und Islamisten, für die nationale Grenzen kaum Bedeutung haben. Nicht umsonst gilt der UN-Einsatz in Mali als gefährlichster Einsatz der Bundeswehr, die mit 875 Soldaten in der ehemaligen Rebellenhochburg Gao stationiert ist.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte erst vor zwei Wochen in Burkina Fasos Nachbarstaat Niger Militärgerät im Wert von fünf Millionen Euro übergeben. Gemeinsam mit Frankreich will Deutschland die armen Länder der G5-Sahelstaaten bei der geplanten Aufstellung einer 5000 Mann starken Anti-Terror-Truppe unterstützen.

Gruppierungen wie Al-Kaida terrorisieren die Region schon lange und schlagen in den Hauptstädten der betroffenen Länder immer wieder mit blutigen Attacken auf bei Ausländern beliebte Einrichtungen zu. Etwa im November 2015, als bei einem Angriff auf ein Hotel in Malis Hauptstadt Bamako 20 Menschen getötet wurden. Oder im Juni, als bei einem Anschlag auf ein anderes Hotel bei Bamako vier Menschen, darunter zwei EU-Mitarbeiter, starben. Die Botschaft der Terroristen: Ausländer sind in der Region nirgends sicher. Der Terror schwappt dabei zunehmend auch aus Mali in den Binnenstaat Burkina Faso über.

Der Anschlag in der Hauptstadt Ouagadougou zeige, wie sehr Sicherheit und Stabilität in der ganzen Region bedroht seien, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin und betonte: „Es muss verhindert werden, dass sich der Terrorismus weiter in der Sahel-Region und in Westafrika ausbreiten kann“.

Beim jüngsten Angriff in Ouagadougou waren die Hintergründe zunächst jedoch unklar - auch wenn der Ablauf des Angriffs eine Terrorattacke nahelegte, von der die frühere Kolonialmacht Frankreich schon kurz nach dem Überfall offiziell sprach. Das in der Nähe eines internationalen Hotels gelegene Restaurant war auch bei Ausländern beliebt und wurde oft für Geburtstagsfeiern oder andere Feierlichkeiten gebucht. Auch am Abend des Überfalls soll es eine Geburtstagsgesellschaft in dem Restaurant gegeben haben.

Seán Smith von der Sicherheitsfirma Verisk Maplecroft war vor einigen Monaten selbst ein paar Monate lang Stammgast in dem Restaurant. „Das Café beschäftigte einen bewaffneten Sicherheitsmann, der den Tascheninhalt der Gäste kontrollierte“, erklärte er am Montag, meinte allerdings auch: „Wie schon die früheren Angriffen in Bamako und Ouagadougou zeigten, können Hotels und Restaurants kaum mehr machen, um eine Gruppe schwer bewaffneter Angreifer abzuwehren.“ Der Sicherheitsexperte fordert neben verstärkter Grenzüberwachung auch einen verbesserten Informationsaustausch in Westafrika. Smith: „Der Angriff zeigt, dass die Terrorbedrohung nun über fast der gesamten Sahelregion schwebt, nachdem sie zuvor weitgehend auf den Norden Malis begrenzt war“.