Sprache der Stärke: Deutlicher Obama vor UN-Vollversammlung

New York (dpa) - So wenig Applaus hatte Barack Obama noch nie vor der UN-Vollversammlung. Zwischenapplaus gab es gar nicht, nach seiner 38 Minuten langen Rede war der Beifall nach wenigen Sekunden verklungen.

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Sogar das Protokoll des Weißen Hauses selbst notierte nur „kurzer Applaus“.

Vielleicht lag es daran, dass Obama unter dem großen goldenen UN-Symbol mit den Olivenzweigen deutliche Worte gefunden hatte. Seine Botschaft richtete sich an die Terrorallianz Islamischer Staat und andere Islamisten - aber auch gegen die Führung in Moskau.

„Die Terroristen von IS müssen geschwächt und letztlich zerschlagen werden“, sagte Obama. Kein Gott rechtfertige Terror. „Die einzige Sprache, die diese Mörder verstehen, ist die Sprache der Stärke.“ Dabei gehe es nicht um einen Krieg gegen den Islam, schließlich seien es die IS-Terroristen, die die Religion pervertiert hätten. „Aber wir müssen konkrete Schritte unternehmen, um der Gefahr durch religiöse Fanatiker zu begegnen.“

„Wir“? Das seien auch die USA, sagte Obama und beteuert zugleich, Amerikas Soldaten kämen nicht als Besatzer. Vor allem richtete sich sein Ruf aber an die islamische Welt selbst mit der Forderung, gegen „das Krebsgeschwür des gewalttätigen Extremismus, das so viele Teile der muslimischen Welt heimgesucht hat“, zu kämpfen. „Kein Kind, nirgendwo, darf zum Hass auf Menschen erzogen werden.“ Es dürfe keine Toleranz gegenüber Predigern geben, die zum Mord an Unschuldigen aufrufen, nur weil sie Juden, Christen oder Muslime sind.

Und nicht nur Toleranz wollte der Präsident, auch Reformen: „Es ist Aufgabe aller großer Religionen, den tiefen Glauben mit einer modernen, multikulturellen Welt zu vereinbaren.“ Die Reaktion bei einigen Abgeordneten muslimischer Länder, die sich ansonsten gern in eine Opferrolle zurückziehen: Eisige Blicke.

Am Nachmittag (Ortszeit) wollte Obama höchstselbst eine Sitzung des Sicherheitsrates leiten. Das gab es in der 69-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen erst ein einziges Mal, auf den Tag genau fünf Jahre zuvor. Damals hatte das mächtigste UN-Gremium auf einen Atombombentest Nordkoreas reagiert, diesmal sollte es um den Islamischen Staat gehen und insbesondere um die Frage, wie man Extremisten in den eigenen Ländern davon abhalten kann, sich der Terrormiliz anzuschließen.

Genau 36 Stunden vor Beginn der Generaldebatte der Vollversammlung hatten die Amerikaner und ihre Verbündeten mit Luftangriffen auf die Terrormiliz auch in Syrien begonnen. Die westlichen Verbündeten wie auch die arabischen Partner der USA sind dankbar, dass die mächtigsten Streitkräfte der Welt die Terrormiliz bekämpfen. Und selbst die Russen dürften, trotz sofortigen Protests, eine klammheimliche Freude spüren: Moskau, das schon von „Terroristen“ sprach, als das Regime in Damaskus nur auf Demonstranten schoss, fühlt sich jetzt bestätigt, dass die Feinde von Diktator Baschar al-Assad eben doch alles nur Terroristen seien.

Lässt die islamistische Gefahr Russen und Amerikaner wieder zusammenrücken? Doch da ist noch der Konflikt um die Ukraine und die Besetzung der Krim. Auch da fand Obama deutliche Worte. Moskau gefährde die Nachkriegsordnung: „Russlands Aggression erinnert an Zeiten, als große Mächte für Landgewinn auf kleineren Ländern herumtrampeln konnten“, sagte Obama, während Russlands Außenminister Sergej Lawrow scheinbar gelangweilt in Unterlagen blätterte. „Man kann kleine Erfolge zwar durch die Waffe erringen, letztlich gehen sie aber verloren, wenn die Menschen Demokratie und Selbstbestimmung wollen.“

Auch über Gaza sprach der Präsident und über den Iran, aber das kam nur am Rande vor. Genau wie Ebola, dabei warnte Obama noch davor, die Krankheit zu unterschätzen. „Genau das ist die Gefahr“, sagte ein westlicher Entwicklungshelfer, „dass durch Islamischer Staat und Ukraine Ebola wieder „nur ein afrikanisches Thema“ wird.“