Stichwort: Finanztransaktionssteuer

Berlin (dpa) - Über eine Steuer auf Finanzmarktgeschäfte wird seit Jahrzehnten diskutiert - jetzt hat die EU-Kommission ein Konzept beschlossen. Die Idee einer „Finanztransaktionssteuer“ geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück.

Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler brachte 1972 eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals eine Abgabe von einem Prozent vor.

Vor allem Globalisierungskritiker fordern seit Jahren eine Spekulationssteuer - sie sprechen von 0,1 bis 0,25 Prozent. Die Idee dieser „Tobin-Tax“ war auch einer der zentralen Gedanken bei der Gründung des Netzwerks „Attac“: Die französische Abkürzung für „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger“.

Im Zuge der schweren Wirtschaftskrise, die auf die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers im September 2008 folgte, flammte die Debatte über eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise wieder auf.

Selbst ein Steuersatz von lediglich 0,01 bis 0,05 Prozent für alle Finanzprodukte - von Aktien über Devisen und Anleihen bis hin zu hochriskanten Papieren - würde nach früheren Berechnungen allein Deutschland Steuereinnahmen zwischen 10 und 20 Milliarden Euro bringen.

Im Herbst 2009 stand die Steuer beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20 auf der Tagesordnung, beschlossen wurde sie damals aber - einmal mehr - nicht.

Jetzt will die EU-Kommission eine Finanztransaktionssteuer durchsetzen. „Diese Steuer kann 55 Milliarden Euro jährlich einbringen“, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch. Die EU-Staaten hätten seit Beginn der Finanzkrise 4,6 Billionen Euro vor allem als Garantien für den Finanzsektor zur Verfügung gestellt - „es ist jetzt an der Zeit, dass der Finanzsektor einen Beitrag zur Gesellschaft leistet.“

Deutschland und Frankreich sind ebenso wie andere Staaten für die Steuer. Großbritannien gehört - auch wegen des bedeutenden Börsenplatzes London - zu den besonders entschiedenen Gegnern.