In Berlin verhaftet Terrorverdächtiger mit IS-Erlaubnis für Anschlag
Berlin (dpa) - Die Attentatspläne des in Berlin festgenommenen mutmaßlichen islamistischen Terroristen waren nach Erkenntnissen von Ermittlern konkreter als zunächst angenommen.
Der 27-jährige Verdächtige Ashraf Al-T. plante nach Informationen von „Focus Online“ am Montag kommender Woche ein Messerattentat in der Hauptstadt. Offiziell sagten die Sicherheitsbehörden der Deutschen Presse-Agentur am späten Abend zu diesen Informationen zwar nichts - dementiert wurden sie allerdings auch nicht.
Was ist über die Attentatspläne bekannt, was unklar?
Die Fakten:
Erste Informationen von einem befreundeten ausländischen Geheimdienst bekommt das Bundesamt für Verfassungsschutz Mitte Oktober. Der Generalbundesanwalt zieht die Ermittlungen wie bei begründetem Terrorverdacht üblich rasch an sich. Die Behörde in Karlsruhe lässt den Verdächtigen am späten Mittwochabend durch Beamte der Berliner Polizei vorläufig festnehmen. Auslöser sind neue konkrete Erkenntnisse der Verfassungsschützer aus Köln.
Was wird dem Beschuldigten vorgeworfen?
Laut Mitteilung des Generalbundesanwalts vom Donnerstagabend hatte der Verdächtige nach Erkenntnissen der Ermittler Kontakt zu einem Mittelsmann in Syrien. Dieser gilt als zuständig für Anschläge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Ausland - also auch in Deutschland. Schon in früheren Terrorfällen sollen die Attentäter teilweise detailliert von IS-Führungsfiguren im syrischen Rakka gesteuert worden sein.
Was sagt der Generalbundesanwalt noch?
In seiner Mitteilung wird der Generalbundesanwalt außergewöhnlich konkret. Von der Kontaktperson in Syrien soll der Verdächtige demnach „die Erlaubnis erhalten haben, zeitnah einen Anschlag auf Menschen in Deutschland zu planen“.
Gibt es Informationen über Details?
Ja, aber offiziell bestätigt sind sie noch nicht. Schon im Laufe des Donnerstags hieß es aus Sicherheitskreisen, die Berliner Polizei habe wegen „Gefahr im Verzug“ eingegriffen. Diese Information wird durch die Mitteilung des Generalbundesanwalts gestützt. „Focus online“ meldet dann am Abend, der Hinweis eines US-Geheimdienstes vom Dienstagabend an den Verfassungsschutz habe dort Alarm ausgelöst.
Die Amerikaner - vermutlich waren es die umstrittenen Daten-Spione der National Security Agency (NSA) - hätten ein Gespräch zwischen dem Verdächtigen und seinem IS-Kommandanten abgefangen. In dem Telefonat habe Ashraf Al-T. darum gebeten, endlich zuschlagen zu dürfen. Er habe keine Lust mehr, zu warten. Daraufhin habe die Kontaktperson in Syrien die Freigabe für das Attentat gegeben. In diesem Zusammenhang muss auch der kommende Montag als Tatzeitpunkt genannt worden sein.
Was hat der Verdächtige geplant?
Genau ist das noch nicht bekannt. „Focus online“ schreibt, der Mann habe ein Attentat mit einer Stichwaffe in der Hauptstadt vorgehabt. Zuvor hieß es nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen, aus der überwachten Kommunikation sei bis zum Zugriff der Sicherheitsbehörden nicht klar geworden, mit welchen Mitteln der Mann angreifen wollte.
Die Informationen über ein möglicherweise geplantes Messer-Attentat dürften also aus der Auswertung des Handys und Computers des Verdächtigten vom Donnerstag stammen. Schnell war nach der Festnahme-Aktion deutlich, dass wohl kein Sprengstoff gefunden wurde.
Wie sind die Ermittler vorgegangen?
Einen ersten Hinweis gab es von den Amerikanern Mitte Oktober. Auch ein Name war rasch bekannt. Die Kommunikation des Verdächtigen wurde überwacht - also Telefonate und auch Internet-Chats. Dabei dürften die US-Geheimdienste geholfen haben, die in solchen Fällen meist verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln.
Gibt es Parallelen zwischen dem Berliner Fall und der Verhaftung des Syrers Dschaber al-Bakr vor drei Wochen?
Ja und Nein. Berlins Verfassungsschutz-Chef Bernd Palenda sagte: „Es scheint zumindest so zu sein, dass es keine direkte Verbindung zu Al-Bakr gibt.“ Das trifft wohl zu. Al-Bakr hatte sich in Sachsen schon Sprengstoff besorgt und wollte den Ermittlern zufolge den Berliner Flughafen Tegel angreifen. Er erhängte sich kurz nach seiner Festnahme in seiner Gefängniszelle in Leipzig.
Nach den Informationen von „Focus online“ könnte es bei den Fällen zumindest Ähnlichkeiten geben. Demnach stieß der Berliner Verdächtige nach seiner Festnahme seinen Kopf im Polizeigewahrsam gegen die Zellenwand - offenbar, um sich das Leben zu nehmen. Daraufhin hätten ihm Beamte einen Schutzhelm aufgesetzt und gefesselt. Der Selbstmord Al-Bakrs habe die Ermittler in Berlin sensibilisiert, hieß es.
Was ist noch über den Terrorverdächtigen Tunesier bekannt?
Laut dem Sender rbb lebte der Mann einige Zeit lang in einer Flüchtlingsnotunterkunft am stillgelegten Berliner Flughafen Tempelhof. Dort soll er in Gewalttätigkeiten verwickelt gewesen sein. Unter anderem wegen seines aggressiven Verhaltens sei er aus der Einrichtung verwiesen worden, berichtete der Sender unter Berufung auf Sicherheitskreise. Der Verdächtige sei polizeibekannt gewesen. Ein Sprecher der Berliner Polizei wollte sich dazu nicht äußern.