Tsipras wirbt für seine Abkehr vom Sparkurs
Nikosia/Brüssel (dpa) - Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras wirbt auf seiner Europa-Tour für den Kurswechsel Athens, die Abkehr vom harten Sparen und eine neue Schuldenregelung.
Einen Euroaustritt will er nicht, aber auch nicht mehr die Troika-Sparkontrolleure, wie er bei seiner ersten Station auf Zypern bekräftigte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt einen Schuldenschnitt ab, zeigt sich aber offen für einen Dialog mit Tsipras. In der Diskussion über ein Ende der Troika zeigt sich Berlin aber unnachgiebig.
Merkel hatte am Sonntagabend mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi in einem Telefonat über die Finanzpolitik der neuen griechischen Regierung gesprochen. Dies bestätigte ein Regierungssprecher in Berlin. Demnach ziehen Deutschland und Italien in Sachen Griechenland an einem Strang. Renzi empfängt am Dienstag Tsipras in Rom. Am Mittwoch reist Tsipras nach Paris und Brüssel weiter. Berlin ist derzeit nicht eingeplant.
Zur Troika-Frage erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz, es gebe „keinen Anlass, von diesem bewährten Mechanismus abzuweichen“. Es seien auch keine Anhaltspunkte bekannt, die EU-Kommission könne davon Abstand nehmen. Athens neuer Finanzminister Gianis Varoufakis hatte am Freitag demonstrativ die Zusammenarbeit mit der Geldgeber-Troika von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) aufgekündigt.
Zur Zukunft der Troika und möglichen neuen Griechenland-Abmachungen wollte die EU-Kommission nicht im Detail Stellung nehmen. Ein Kommissionssprecher verwies auf frühere politische Leitlinien Junckers aus dem vorigen Sommer. Er reagierte damit auf Medienberichte, wonach Juncker rasch die von der neuen Athener Regierung abgelehnte Geldgeber-Troika abschaffen wolle. In seinen - vor Amtsantritt in Brüssel - verfassten Leitlinien hatte Juncker gefordert, dass die Troika „in Zukunft“ durch ein demokratisch legitimiertes Gremium ersetzt werden solle.
Wie Berlin pocht aber auch Brüssel auf die Einhaltung bisheriger Vereinbarungen zwischen den Euro-Partnern. Der Antrittsbesuch Tsipras bei EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Mittwoch ist besonders wichtig, weil davon Signale erhofft werden, wie es mit Griechenland weiter geht. Als Basis für die Gespräche sieht die EU-Kommission nach Angaben ihres Sprechers die Erklärung von Tsipras, wonach eine neue Abmachung die bisherigen Schuldenverpflichtungen des Krisenlandes gegenüber der EZB und dem IWF nicht infragestellen werde. Zu dem Treffen sagte der Kommissionschef: „Es wird am Mittwoch wahrscheinlich ein schwieriges Gespräch werden.“
Das Bundesfinanzministerium betonte in diesem Zusammenhang, Kontrollen wie von der Troika seien etwa im Vertrag zum Schutzschirm ESM verankert. Dies sei nicht einseitig zu ändern, erläuterte eine Sprecherin des Ministeriums.
Die EU-Kommission sei nicht in der Lage, neue Finanzvereinbarungen mit dem hochverschuldeten Griechenland alleine auf den Weg zu bringen, betonte der Sprecher der Brüsseler Behörde. „Die bestehende Abmachung ist ein Vertrag, der Griechenland und seine Europartner umfasst“, sagte er mit Blick auf das Hilfsprogramm. Jegliche Änderungen müssten von den 19 Euroländern gebilligt werden.
Auch der EU-Partner Großbritannien erwartet, dass alle Länder ihre internationalen Verpflichtungen erfüllten, wie ein Sprecher von Premierminister David Cameron anlässlich eines Besuchs des neuen griechischen Finanzministers in London sagte. Varoufakis Amtskollege George Osborne erklärte: „Ich bitte den griechischen Finanzminister dringend, verantwortungsvoll zu handeln, aber es ist auch wichtig, dass die Eurozone einen besseren Plan für Arbeit und Wachstum hat.“
Rückhalt für die neue griechische Regierung kam dagegen von US-Präsident Barack Obama. „Man kann Länder, die mitten in einer Depression sind, nicht immer weiter ausquetschen. An einem bestimmten Punkt muss es eine Wachstumsstrategie geben, damit sie ihre Schulden zurückzahlen und einen Teil ihres Defizits ausgleichen können“, sagte er in einem CNN-Interview.
Tsipras sieht die Stabilität des Südosten Europas in Gefahr, wenn Griechenland oder Zypern sich vom Euro verabschieden würden. In den vergangenen Monaten war immer wieder spekuliert worden, dass für Athen nur ein Ausstieg aus der Währungsunion („Grexit“) infrage komme.
Griechenlands „einziges und ausschließliches Ziel“ sei, die Verhandlungen mit seinen Partnern in der EU erfolgreich abzuschließen, versicherte Tsipras nach seinem Treffen mit Zyperns Präsident Nikos Anastasiades.
Auf Hilfe aus Russland setzt Tsipras nach eigenen Worten derzeit nicht. Auf die Frage, ob Griechenland einen Kredit aus Russland erwarte oder einen beantragen würde, sagte Tsipras: „Es gibt im Moment keinen solchen Gedanken.“