Venezuela wählt rot: „Chávez geht nicht, er bleibt“
Caracas (dpa) - „El Comandante“ hat es wieder geschafft. Zum vierten Mal hat er in Venezuela eine Präsidentschaftswahl gewonnen. Ob es einem gefällt oder nicht: Die „Bolivarische Revolution“ in Venezuela geht weiter.
Venezuelas Opposition hatte diesmal so fest wie nie zuvor an den Sieg geglaubt. Der jung-dynamische Einheitskandidat Henrique Capriles Radonski reiste in jede Ecke des Landes und stand für einen Neuanfang nach fast 14 Jahren Revolutionsgetöse. Doch er machte die Rechnung ohne den „Comandante“. Der 58-jährige Hugo Chávez siegte erneut. Seine eigenwillige Mischung aus Sozialismus, Revolution und markigen Worten überzeugte die Mehrheit der Venezolaner. Sie wählten den Chavismus und dessen Begründer kann nun die 20 Jahre an der Macht voll machen, wenn es seine Gesundheit zulässt.
Chávez dankte nicht nur seinem „geliebten Volk“. „Danke, mein Gott. Danke an alle“, verkündete er in seinem Twitter-Blog. Dass er kämpfen kann, hat er bewiesen in den vergangenen Monaten. Es wurde Krebs bei ihm diagnostiziert, es folgten zwei Operationen, Chemo-Therapien auf Kuba und Gerüchte über seinen nahen Tod. All das setzte ihm zu. Und dann bekam er es noch mit einer geeinten Opposition zu tun. Doch letztlich konnte sich Chávez auf seine Gefolgschaft verlassen, die vor allem in den armen Gegenden Venezuelas lebt. Die Slums, in denen Chávez als „Herz des Vaterlandes“ mit einem beängstigenden Personenkult verehrt wird, wählten rot.
„Uh, Ah Chávez no se va!“ (Chávez geht nicht), so feierten tausende Anhänger ihr Idol auf den Straßen von Caracas. Bis 2019 werde es keine Armut mehr in Venezuela geben, versprach er. Immerhin habe es seine Regierung geschafft, die Armut in nur zehn Jahren zu halbieren. Die Staatskasse wird gefüllt von Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Als Chávez 1999 ins Amt kam, lag der Barrel-Preis bei acht Dollar. Heute liegt er bei über 100 Dollar. Er kann aus dem Vollen schöpfen und verschenkt viele Petro-Dollars zum Ärger der Opposition an befreundete Regierungen, allen voran an Kuba.
Dies alles wollte der 40-jährige Capriles ändern, der - wie Chávez - damit punktete, dass er noch nie eine Wahl verlor. Er war Abgeordneter, Bürgermeister, Gouverneur und Einheitskandidat. Trotz aller Verunglimpfungen, die Chávez ihm im Wahlkampf angedeihen ließ, zeigte Capriles auch am Wahlabend Größe. Er gratulierte Chávez zum Wahlsieg. „Ich werde immer für Venezuela arbeiten. Die Venezolaner können auf mich zählen. Ich bin ein Demokrat“, sagte der Jurist und hinterließ damit schon mal eine Visitenkarte für 2019, wenn die nächsten Präsidentschaftswahl ansteht.
Sollte Chávez, um dessen Gesundheitszustand sich weiter Gerüchte ranken, bis 2019 durchhalten, wäre er zwei Jahrzehnte im Amt. Das ist rekordverdächtig, sieht man mal von Fidel Castro ab, der Kuba ein halbes Jahrhundert eisern führte. Chávez äußerte in den vergangenen Tagen verhalten Selbstkritik, räumte selbst Fehler ein und versprach mehr Effizienz. Probleme gibt es genug zu lösen. Die Kriminalitätsrate ist hoch, die Inflation horrend und der Investitionsbedarf in die oft marode Infrastruktur gigantisch. Auch nach 14 Jahren an der Macht trauen die Venezolaner Chávez offenbar eher als der Opposition zu, diese Probleme zu lösen.