Erstimme und Zweitstimme Warum eine Ecke fehlt - Fragen zum Wahlzettel
Berlin (dpa) - Unzählige Namen und Parteien stehen auf einem Stimmzettel. Damit es in der Wahlkabine dann nicht hektisch wird, sollte man sich schon vorher einen Überblick zu verschaffen:
Jeder Wähler darf bei der Bundestagswahl zwei Kreuze auf dem Wahlzettel machen - aber welche Stimme ist wichtiger?
Im Allgemeinen heißt es: die Zweitstimme, die auf der rechten Seite des Wahlzettels vergeben wird. Sie allein entscheidet darüber, mit wie vielen Köpfen eine Partei später im Bundestag vertreten ist. Auf jeden Fall muss sie aber bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen holen, sonst klappt es nicht mit dem Einzug.
Und wofür ist dann die Erststimme gut?
Auf der linken Seite des Stimmzettels kann man direkt den Vertreter seines eigenen Wahlkreises bestimmen. Bundesweit stellen sich dafür 2559 Kandidaten zur Wahl - im Schnitt pro Wahlkreis neun Menschen. Das können Vertreter von Parteien oder Wählergruppen sein, aber auch Einzelbewerber. Einfaches Prinzip: Wer die meisten Kreuze erhält, geht nach Berlin. So gelangen 299 Volksvertreter ins Parlament.
Stellen sich auch prominente Politiker dieser Direktwahl?
Natürlich, aber nicht alle. Wer seine Erststimme etwa Angela Merkel geben möchte, kann das nur, wenn er in Vorpommern-Rügen wählen darf - nur dort tritt die CDU-Kanzlerin an. Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht geht in Düsseldorf-Süd ins Rennen, Grünen-Chef Cem Özdemir im Wahlkreis Stuttgart I, FDP-Chef Christian Lindner in Rhein-Berg, Alexander Gauland von der AfD hat vor, ein Direktmandat im Wahlkreis um Frankfurt (Oder) zu gewinnen. SPD-Chef Martin Schulz hingegen will nicht über einen eigenen Wahlkreis, sondern über die Landesliste in den Bundestag.
Wie genau kommen diejenigen ins Parlament, die nicht die Mehrheit der Erststimmen holen - oder wie Schulz das gar nicht versuchen?
Da der Bundestag mindestens doppelt so viele Sitze wie Wahlkreise hat, kommen neben den Erststimmengewinnern auch weitere Bewerber zum Zug. Sie können über die Landesliste einer Partei in den Bundestag einziehen - aber nur, wenn sie dort zuvor von ihren eigenen Leuten aufgestellt wurden. Holt eine Partei in einem Bundesland über ihre Zweitstimme mehr Parlamentssitze, als sie mit der Erststimme Wahlkreise gewinnt, rücken die Listenkandidaten in den Bundestag - der oberste zuerst, dann der zweite und so weiter.
Wo stehen denn nun die Namen Merkel, Schulz, Wagenknecht, Özdemir, Lindner oder Gauland auf dem Wahlzettel?
Immer nur in dem einen Bundesland, in dem sie auf die Landesliste gewählt wurden. Auf dem Stimmzettel sind bei der Zweitstimme unter jeder Partei die ersten Listenkandidaten namentlich aufgeführt. So stehen etwa die Kanzlerin für die CDU in Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 1, Herausforderer Schulz für die SPD in Nordrhein-Westfalen.
Viele Parteien sichern ihre Spitzenpolitiker dahingehend ab, dass sie über einen aussichtsreichen Listenplatz in einem Bundesland auf jeden Fall ins Parlament kommen - auch wenn sie womöglich ihren Wahlkreis nicht gewinnen oder gar nicht erst als Erststimmenkandidat antreten.
Was bestimmt die Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel?
Ganz einfach: das Zweitstimmen-Ergebnis der vorangegangenen Bundestagswahl in dem jeweiligen Bundesland. So rangiert zum Beispiel auf der rechten Seite der Hamburger und Bremer Wahlzettel die SPD ganz oben, in Bayern die CSU und in allen anderen Ländern die CDU. Die Direktkandidaten stehen auf der linken Seite in derselben Spalte wie ihre jeweiligen Parteien. Sind keine Direktkandidaten aufgestellt, bleiben die Felder links frei. Ganz am Ende der Liste folgen in alphabetischer Reihenfolge weitere Bewerber und Parteien ohne Ergebnis aus der vorhergehenden Wahl.
Warum ist eine Ecke des Stimmzettels besonders markiert?
Bei den Wahlzetteln fehlt rechts oben entweder eine Ecke, oder sie ist mit einem Loch markiert. Das soll blinden und sehbehinderten Menschen helfen, ihre Stimme ohne fremde Hilfe abgeben zu können. Ihre Schablonen, denen auch die entsprechende Ecke fehlt, passen dann genau auf den Wahlzettel. Auf der Schablone sind Informationen zum Stimmzettel angegeben - etwa als Punktschrift oder in Großdruck.