Weiße Weihnacht wird zur Strapaze
Berlin (dpa) - Heftige Schneefälle, Eisregen und Glätte haben an Heiligabend viele Menschen in Deutschland auf dem Weg zur Familie oder in den Weihnachtsurlaub ausgebremst. Vor allem Bahnreisende in der Nordhälfte Deutschlands waren leidgeprüft.
Tausende strandeten auf dem Weg zu Bescherung und Festessen.
Viele Straßen waren spiegelglatt. Dutzende Flüge fielen aus. In der „stillen Nacht“ rechnete der Deutsche Wetterdienst weiter mit starken Schneefällen. Am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag sollen weniger Flocken fallen.
Bereits in der Nacht zum Freitag stoppte Eisregen fünf Schnellzüge zwischen Hannover und Berlin. Erst am Freitagvormittag rollten auf dieser wichtigen Ost-West-Achse wieder Züge - wenn auch mit Behinderungen. Auch auf der Strecke zwischen Hannover und Hamburg war viel Geduld nötig, weil umgestürzte Bäume den Verkehr blockierten. Die Bahnstrecken Hannover-Berlin sowie Hannover-Hamburg wurden am späten Vormittag zwar wieder freigegeben. Doch zwischen Hannover und Berlin wurden die Züge in Sachsen-Anhalt bis zum Abend über nur ein Gleis gelenkt. Noch am Abend gab es dann Störungen in der Gegend um Münster und auf der Strecke Hannover-Magdeburg. Dort waren Bäume auf Leitungen gestürzt, was zu Stromausfällen führte.
Für die Bahnreisenden war die Weihnachtsreise oft eine Fahrt ins Ungewisse. Über den ganzen Tag fielen viele Züge aus, andere verspäteten sich stark. Das hatte den üblichen Dominoeffekt: Die Störungen setzten sich bis ins Rheinland und nach Süddeutschland fort. Wie an Heiligabend üblich, dünnte die Bahn ihren Verkehr in der zweiten Tageshälfte aus. Doch bis zum späten Abend mussten sich manche Reisende gedulden, um an ihr Ziel zu kommen.
Auch Autofahrer kamen auf dem Weg zur Familie oft nur mühsam voran. In Niedersachsen war auf vereisten Autobahnen und Straßen stundenlang nur Schritttempo möglich. Blitzeis, Schneefall und Verwehungen blockierten auch Landstraßen an der Ostseeküste, in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen-Anhalt oder Sachsen. Auf der Autobahn A 17 von Prag in Richtung Dresden fuhren zwischen der tschechischen Grenze und dem Anschluss Bad Gottleuba in Sachsen vier Sattelschlepper und sieben Autos ineinander. Ein Mann starb.
In einem Stadtwald in Gelsenkirchen wurde eine 47-Jährige am Nachmittag von einem Ast erschlagen, der vom vielen Schnee abbrach. Unter der großen Schneelast brachen in mehreren Städten Nordrhein- Westfalens und Thüringens Hallendächer ein. Dabei wurde niemand verletzt. In der Kleinstadt Stolberg bei Aachen waren die Schneemassen so groß, dass die Gottesdienste in zwei katholischen Kirchen sowie der Kindergottesdienst in einem evangelischen Gemeindezentrum ausfallen mussten.
Der Düsseldorfer Flughafen, der wegen starken Schneefalls stundenlang gesperrt war, machte erst am Mittag auf. Frust für viele Weihnachtsurlauber: Etwa ein Drittel der geplanten gut 330 Starts und Landungen wurde annulliert. Auf dem Flughafen Weeze am Niederrhein strich die Gesellschaft Ryanair sämtliche Flüge. Dagegen blieb die Lage am größten deutschen Flughafen in Frankfurt vergleichsweise ruhig: Etwa 85 Flüge von mehr als 900 fielen aus. In München wurden etwa 50 Flüge abgesagt - Grund: die Probleme an anderen Airports.
Meterhohe Schneeverwehungen und Glätte machten an der Ostseeküste Autofahrern zu schaffen. In Schleswig-Holstein blieben viele Autos in Schneewehen stecken. Auf der Ostseeinsel Fehmarn waren einige Ortschaften eingeschneit. Auch in Mecklenburg-Vorpommern auf der Insel Rügen türmten sich Schneeverwehungen meterhoch und machten ein Durchkommen unmöglich. Freigeräumte Straßen waren sofort wieder dicht. Die Zugverbindung zu Deutschlands größter Insel ging auch nicht mehr. Auch auf Usedom blieben Züge stehen. In Rostock mussten Urlauber, die mit dem Zug nach Süden fahren wollten, unverrichteter Dinge umkehren. In Niedersachsen stellte die private Nordwestbahn ihren Betrieb zwischen Wilhelmshaven und Esens ein.
Wegen der extremen Wetterlage brach vielerorts auch der öffentliche Nahverkehr zusammen. Die Straßenbahnen in Düsseldorf, Braunschweig sowie in Magdeburg stellten den Betrieb ein. Nach Angaben der Polizei waren die Oberleitungen an den Strecken so stark vereist, dass die Trambahnen nicht mehr fahren konnten.
Bereits seit Donnerstagabend mussten Hunderte von Menschen in Sachsen-Anhalt ohne Strom auskommen. Wie es am Freitagabend vom Energieversorger E.ON-Avacon hieß, waren im Altmarkkreis Salzwedel etwa 50 Gemeinden von der Stromversorgung abgeschnitten. Zuvor waren es etwa 80 gewesen. Bäume, die unter der Schneelast umfielen, und herabfallende Äste hätten Oberleitungen heruntergerissen.
Der heftige Schneefall bremste auch den Weihnachtsmann aus: Vielerorts konnten Briefe und Pakete nicht ausgeliefert werden.