Westerwelle dringt auf politische Lösung in Libyen
Berlin (dpa) - Außenminister Guido Westerwelle (FDP) dringt auf eine politische Lösung des Libyen-Konfliktes. Jedem müsse klar sein, dass eine tragfähige Lösung in Libyen nicht alleine auf militärischem Weg gefunden werden könne, sagte er am Freitag in Berlin.
„Was wir brauchen, ist ein politischer Prozess - dieser muss jetzt vorbereitet werden.“ Westerwelle sprach sich abermals für ein komplettes Ölembargo gegen Libyen aus. Er begrüßte die Pläne der Europäischen Union, Sanktionen auszuweiten. „Dem System (von Machthaber Muammar al-) Gaddafi muss dauerhaft der Geldhahn zugedreht werden“, sagte er.
Es sei nicht überzeugend, dass man mit Raketen und Militär in Libyen vorgehe, andererseits aber der Geldhahn nicht völlig abgedreht sei. „Deswegen ist es gut, dass die Europäische Union sich heute dazu durchringt und dieses heute auch beschließen wird.“ Dies sei ein Erfolg für die Bundesregierung, die von Anfang an auf ein Ölembargo gesetzt habe. „Es ist gut, dass die Europäische Union auch in dieser Richtung handelt und entscheidet. So zeichnet es sich ab“, sagte er.
Im rbb-Inforadio kritisierte Westerwelle scharf die Drohung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy an alle arabischen Diktatoren. „Ich sehe hier wirklich eine sehr gefährliche Diskussion, auch mit sehr schwierigen Folgen für die Region und die arabische Welt insgesamt.“ Sarkozy hatte zuvor gesagt: „Jeder Herrscher muss verstehen, und vor allem jeder arabische Herrscher muss verstehen, dass die Reaktion der internationalen Gemeinschaft und Europas von nun an jedes Mal die Gleiche sein wird.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete den Luftkrieg gegen Libyen als den am „schlechtesten vorbereiteten und chaotischsten UN-Einsatz“, den es je gegeben habe. Es gebe „keine Strategie, keine wirkliche Einbindung der arabischen Nachbarn, keine Führung, keine klare Struktur“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“ (Freitag). Verantwortlich dafür seien Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Westerwelle und Sarkozy. Alle drei hätten den Militäreinsatz für ihre „eigene Parteitaktik missbraucht“. Ergebnisse seien ein zerstrittenes Europa und eine „demolierte Nato“.
Westerwelle verurteilte, dass Gaddafi den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angeordneten Waffenstillstand missachte. Dies sei eine „zynische Verweigerung“ des jetzt geltenden internationalen Rechts, die jeden Tag vielen unschuldigen Menschen das Leben koste. „Die Waffenruhe muss endlich und sofort eingehalten werden“, forderte er.
Zugleich verteidigte er die Entscheidung der Bundesregierung, sich nicht an dem Militäreinsatz in Libyen zu beteiligen. „Wir können das Unrecht der Welt nicht dadurch lösen, dass wir überall militärisch eingreifen“, sagte Westerwelle. Am kommenden Dienstag will er an einem weiteren Treffen zur Abstimmung des Libyen-Einsatzes in London teilnehmen, zu dem auch US-Außenministerin Hillary Clinton erwartet wird.
Am späten Donnerstagabend hatten sich die 28 Nato-Staaten in Brüssel darauf geeinigt, dass künftig das Bündnis die Flugverbotszone in Libyen kontrolliert. Die Mitgliedsländer der westlichen „Koalition“ gegen den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi können aber weiter unabhängig von der Nato bestimmte Ziele bombardieren. Nach Angaben von Diplomaten will die Nato allerdings am Sonntag beschließen, die gesamte Militäroperation zu übernehmen.
Die Linkspartei kritisierte das deutsche Ja zur Kommandoübernahme durch die Nato. „Die Bekenntnisse der Bundesregierung zu einer nichtmilitärischen Lösung in Libyen haben sich als heiße Luft erwiesen“, erklärte der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer.
Mit großer Sorge beobachtet Westerwelle nach eigenen Angaben auch die Entwicklungen in Syrien und im Jemen. Er verurteile die „massive Gewalt“ der syrischen Führung gegen friedliche Demonstranten. Die Gewalt müsse sofort enden - die Regierung müsse rechtsstaatliche Prinzipien und die Menschenrechte einhalten. Angesichts der heutigen Freitagsgebete fürchtet Westerwelle eine weitere Eskalation der Gewalt auch im Jemen. Deutschland habe am Donnerstag den jemenitischen Botschafter einbestellt und klargestellt, dass der Konflikt nicht mit Gewalt, sondern nur im Dialog zu lösen sei.