Prellbock für den Kunden Wie die Diesel-Debatte die Händler trifft

Stuttgart (dpa) - Dietmar Clysters und seine Mitarbeiter brauchen derzeit ein breites Kreuz. „Wir sind der Prellbock für Sachen, für die wir gar nichts können“, sagt der Autohändler aus Edingen-Neckarhausen, einem kleinen Ort zwischen Mannheim und Heidelberg.

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Die Debatte um den Diesel, um mögliche Fahrverbote und auch eine zuweilen übertriebene Berichterstattung darüber hätten viele Kunden verunsichert - und die bräuchten nun jemanden, mit dem sie diskutieren, bei dem sie ihren Ärger loswerden könnten. Auch wenn das meist gar nicht böse gemeint sei: „Der Kunde hat ja niemanden, bei dem er sich beschweren kann“, sagt Clysters, der Fahrzeuge diverser Marken verkauft und auch Obermeister der Kfz-Innung Rhein-Neckar-Odenwald ist.

Mögliche Schummeleien bei Abgaswerten, drohende Fahrverbote - der Diesel ist in Verruf geraten, die Zulassungszahlen gehen zurück. Daran dürfte auch der Gipfel mit Bund, Ländern und Autobauern am Mittwoch in Berlin zunächst einmal nicht viel ändern. Zwar soll es Software-Updates für Millionen Fahrzeuge geben, aber nach Ansicht von Umweltschützern reicht das nicht. Sie fordern weiter Fahrverbote. Viele Autobesitzer sind daher ratlos, was ihnen bevorsteht - vor allem in Stuttgart, wo die Regierung schnell für bessere Luft sorgen muss. Aber nicht nur.

„Die Frage ist: Darf ich mein Auto morgen noch fahren und ist es in zwei Jahren noch etwas wert?“, sagt Clysters. Das treibe inzwischen auch seine Kunden um, völlig unabhängig von der Marke und selbst davon, ob sie sich aktuell überhaupt ein neues Auto kaufen wollen. „Wir führen sehr viele Diskussionen, generell fragen viel mehr Menschen nach.“ Aber auch die Händler hingen in der Luft und hätten kaum Antworten.

Für die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) steht außer Frage: Der Handel trägt den Großteil des Schadens einer „einseitig negativen und wenig differenzierten Diskussion“ über den Diesel. Um den Restwert der Autos geht es dabei zumindest bisher nur am Rande, denn der ist aktuellen Untersuchungen zufolge noch nicht so deutlich gesunken wie das Ausmaß der Debatten vermuten ließe. Der Faktor Fahrverbot habe bisher allenfalls lokale und sehr begrenzte Auswirkungen auf die Preisentwicklung, hat auch der Fahrzeugbewerter Schwacke zuletzt analysiert.

Viele Händler haben dafür einen anderen Punkt ausgemacht: Weil die Kunden ihre Entscheidung über einen Autokauf vertagen, stehen gebrauchte Diesel länger herum, bis sie wieder verkauft werden. Das kostet Geld - im Schnitt 27 Euro pro Tag, haben die DAT-Experten auf der Grundlage von Händler-Daten für ihr „Dieselbarometer“ errechnet. 95 Tage waren es zuletzt im Schnitt, bis ein Diesel einen neuen Besitzer fand, bei gebrauchten Benzinern hingegen nur 79. Vor einem Jahr lagen beide Typen noch annähernd gleichauf.

Gibt es tatsächlich Fahrverbote, weil die Software-Updates nicht reichen, wird aber auch der Restwert der Autos noch spürbar sinken, davon ist Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Uni Duisburg-Essen, überzeugt. In einer Modellrechnung geht er von pauschal zehn Prozent aus. Mit der Folge, dass es für Diesel-Fahrzeuge bis zurück ins Baujahr 2013 billiger wäre, die derzeit im Raum stehenden 1500 Euro für eine Nachrüstung am Motor zu investieren, als den Wertverlust hinzunehmen.

Die meisten Händler wünschen sich vor allem, dass die Diskussion möglichst schnell beendet ist - und damit die Unsicherheit, welches Auto man denn künftig haben sollte und welches lieber nicht. Vor allem im Internet behilft sich manch einer schon damit, sein Auto mit einer „blauen Plakette“ als besonders emissionsarm zu bewerben. Wer die hat, braucht Fahrverbote nicht zu fürchten - weil das so simpel ist, wird das Thema immer wieder gern diskutiert. Bislang allerdings gibt es solch eine Plakette hierzulande nicht.