Maduros letzte Partner Wie Venezuelas Freunde zum Chaos stehen
Moskau/Peking (dpa) - Monatelange Massenproteste, mehr als 120 Tote und kein Ende in Sicht: Die Lage nach der umstrittenen Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung im sozialistischen Venezuela löst im Westen Besorgnis aus.
Doch während Washington, Brüssel oder Berlin scharfe Kritik üben, halten traditionelle Verbündete Venezuelas an Präsident Nicolás Maduro fest. Ein Überblick:
RUSSLAND: Venezuela sucht, so stellt es der Kreml dar, aktiv den Kontakt zur russischen Führung. Zwei Mal telefonierte Präsident Wladimir Putin seit Mitte Mai mit seinem venezolanischen Kollegen Nicolás Maduro, wie der Kreml mitteilt.
Dabei spielt es Moskau in die Hände, dass nun auch Venezuela von der jüngsten Welle neuer US-Sanktionen betroffen ist. Das Einfrieren von Maduros Vermögen sei „ein klares Zeichen für eine erneute Ideologisierung der US-Außenpolitik“, sagt der Senator Konstantin Kossatschow. „Das US-Finanzministerium hat sich in ein globales Kartellorgan verwandelt, das nach eigenem Gutdünken entscheidet, wo Demokratie herrscht und wo nicht, wer bestraft und wer ausgezeichnet wird.“
Ähnlich wie Maduro hatte Putin ursprünglich auf eine Annäherung an die USA unter Präsident Donald Trump gehofft. Aber Fehlanzeige: Während Maduro für seinen Staatsumbau von den USA als „Diktator“ abgestraft wird, verhängt der US-Kongress die schärfsten Sanktionen gegen Russland seit Jahrzehnten. Von einem Handelskrieg mit den USA spricht Regierungschef Dmitri Medwedew. Nicht ausgeschlossen, dass der gemeinsame Feind auch in Zukunft zusammenschweißt. Mit Kritik an der Gewalt in Venezuela hält sich Moskau jedenfalls zurück.
CHINA: Auch China übt keine Kritik an der umstrittenen Wahl in Venezuela. Stattdessen ist in einer Stellungnahme des Pekinger Außenministeriums von einem „weitgehend reibungslosen“ Urnengang die Rede. China hoffe, dass „alle Seiten“ einen friedlichen Dialog führen werden.
Die Volksrepublik hat kein Interesse daran, dass die Situation in dem südamerikanischen Land weiter eskaliert und in einen Staatsbankrott oder gar Bürgerkrieg mündet, da es massiv in Venezuela investiert hat. Schätzungen zufolge hat Peking die Regierung in Caracas zwischen 2005 und 2016 mit mehr als 62 Milliarden Dollar (etwa 52,3 Mrd Euro) an Krediten über Wasser gehalten. Im Gegenzug erhält China Öl.
Beobachtern zufolge geht es Peking jedoch nicht nur um Ressourcen, sondern auch um geostrategische Gewinne. Die üppigen Kredite sollen China helfen, seinen Einfluss auf den Hinterhof der USA auszuweiten. Ein Regierungswechsel in Venezuela wäre für Peking mit dem Risiko verbunden, dass die bislang ausgezeichneten Beziehungen leiden. Pekings Zukunftspläne sind hochtrabend: In den kommenden zehn Jahren sind Investitionen von 250 Milliarden Dollar geplant; China will die USA als größten Handelspartner der Region ablösen.
IRAN: Eine traditionelle Gegnerschaft zu den USA verbindet auch den Iran mit Venezuela. Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad (2005-2013) bezeichnete den früheren venezolanischen Machthaber Hugo Chávez einst als einen Bruder. Doch mit dem Machtwechsel in Teheran 2013 änderte sich vieles: Teheran öffnete sich für ein besseres Verhältnis zu Washington; iranische Geschäftsleute zeigten nur mäßiges Interesse an Geschäften in Venezuela. Chávez-Nachfolger Nicolás Maduro wurde in Teheran nie mit derselben Sympathie empfangen wie sein populärer Vorgänger. Dementsprechend hält sich auch das Interesse an den jüngsten Unruhen in Venezuela in Grenzen.
DIE NACHBARN: Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Chile sind auf Konfrontationskurs zu Nicolás Maduro, zu ihm halten noch Ecuador und besonders lautstark Boliviens Präsident Evo Morales. Aber auch dieser sieht Dinge wie jährlich zehn Milliarden Dollar Subvention für das billigste Benzin der Welt kritisch. Für einen Euro gibt es mehr als 1000 Liter Benzin, dafür fehlt Geld für Lebensmittel und Medikamente.
Maduro ist zunehmend isoliert: Die Mitgliedschaft im Wirtschaftsbund Mercosur, der auf den Abbau von Zoll- und Handelsschranken setzt, wurde ausgesetzt. Kolumbien hat angekündigt, dass es bis zu 200 000 Flüchtlingen aus Venezuela Unterschlupf gewähren will. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen an der Grenze. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos ist bemüht, einen Militärkonflikt zu vermeiden.