Meinung Die Corona-Pandemie ist keine innere chinesische Angelegenheit

Meinung · Nein, es geht nicht darum, Peking als den für die Pandemie Schuldigen ab zu urteilen. Doch China trägt eine Verantwortung für die Krise – und darf sich der internationalen Aufklärung nicht länger verweigern.

Chinas Präsident Xi Jinping bei Besuch eines Krankenhauses.

Foto: dpa/Xie Huanchi

Wenn einer versehentlich ein Mietshaus abfackelt, wird es nicht reichen, dass er den Bewohnern hinterher Rauchmelder spendiert. Und so ist China seine Verantwortung für die Corona-Pandemie auch nicht los, indem es nun Mundschutzmasken verschickt oder mit Ärzteteams hilft. Was in Wuhan passiert ist, war keine Kleinigkeit. Es hat die ganze Welt an den Rand des Abgrundes gebracht.

Die Corona-Pandemie ist ein Welt-Schadensereignis, meint Autor Werner Kolhoff.

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Jetzt ist zwar noch nicht der Zeitpunkt für die Aufarbeitung, noch dauert der Kampf zur Eindämmung der Pandemie und ihre Folgen an. Aber der Zeitpunkt kommt.Und dabei geht es nicht um Anklage und Verurteilung, wie es in billiger Ablenkung von seinem eigenen Versagen Donald Trump betreibt. Die Spanischen Grippe mit ihren ungeheuren Todeszahlen hatte ihren Ursprung vor 100 Jahren in der Agrarindustrie der USA, und dafür hat Washington auch nicht gebüßt. Trump ist mit seiner unerträglichen nationalistischen Polterei heute der Antipode zur chinesischen Heimlichtuerei.

Es geht nämlich um Aufklärung – und damit Vorbeugung. Dafür ist die Regierung in Peking tatsächlich voll in der Verantwortung. Das entspricht nicht nur ihrer moralischen Pflicht nach einem solchen globalen Schaden, sondern auch ihren rechtlichen Pflichten im Rahmen des Kampfes der Uno gegen Infektionskrankheiten. Die Forderung nach einer internationalen Untersuchung ist absolut berechtigt.

Die Machthaber in China widersetzen sich dem bisher. Offenbar befürchten sie, am Ende einer solchen Untersuchung schlecht auszusehen. Denn es würde darum gehen, den Infektionsherd zu finden, die Mensch-Tier-Schnittstelle. Das würde zwangsläufig zu den ersten Infizierten führen – und dann auch den Umgang der Behörden damit offenlegen. Wurde das Geschehen zu lange vertuscht? Von wem und warum? Wollten die Machthaber Konsequenzen für den Wildtierhandel und -verzehr in China vermeiden, weil sie unpopulär wären? Möglich ist aber auch, dass die Ermittler herausfänden, dass das Virus aus einem Labor in Wuhan entkam. Dann läge ein Fall ungeheurer Schlamperei chinesischer Wissenschaftler und Behörden vor.

Der mögliche Gesichtsverlust eines Regimes aber kann kein Argument sein, um diese Katastrophe nicht aufzuklären. Dies ist keine „innere Angelegenheit“ der Volksrepublik, dies ist ein Welt-Schadensereignis, das sich nicht wiederholen darf. Auch die Bundesregierung sollte das klar sagen. Manchmal ist es nachvollziehbar, wenn sie sich gegenüber dem Regime in Peking diplomatisch zurückhält. In der Frage einer internationalen Corona-Untersuchung jedoch ist Leisetreterei unangebracht.