Wirtschaft warnt vor schwarz-roten Rentenplänen
Berlin (dpa) - Die Arbeitsmarkt- und Rentenpläne der großen Koalition in spe stoßen auf ein gespaltenes Echo. Massive Kritik kommt aus der Wirtschaft - die Bürger finden die Vorhaben indes gut.
Nach Ansicht der Wirtschaftsverbände schlagen Union und SPD mit ihren Vorhaben eine gefährliche Richtung ein. Der neue Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte Schwarz-Rot zur Überarbeitung der Rentenpläne auf. „Es kann nicht gewollt sein, dass jetzt zunichte gemacht wird, was in den vergangenen Jahren vereinbart wurde, um eine solide Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft sicherzustellen“, sagte der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Laut ZDF-„Politbarometer“ stoßen vor allem die Rentenpläne und der Mindestlohn in der Bevölkerung auf Zustimmung. Nach der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen befürworten 82 Prozent der Deutschen einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. 90 Prozent unterstützen die abschlagsfreie Rente mit 63 für langjährige Beitragszahler, und 86 Prozent begrüßen die Ausweitung der Mütterrente. Allerdings glauben nur 16 Prozent, dass die Koalition ihre Vorhaben ohne neue Schulden oder höhere Steuern finanzieren kann.
Unzufrieden zeigte sich auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer: Die hohen Zusatzausgaben in der Alterssicherung durch Mütterrente und Lebensleistungsrente belasteten Rentenkassen und Steuerzahler, kritisierte er in den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. Die abschlagsfreie Rente mit 63 für langjährig Versicherte sende das aus seiner Sicht falsche Signal, „wir könnten uns einen frühzeitigen Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit leisten“.
Dabei sei der demografische Wandel eindeutig, so Schweitzer: „Wir müssen alle länger arbeiten, deshalb führt kein Weg an der Rente mit 67 vorbei.“ Auch die SPD müsse bei ihren Ausgabenwünschen zeigen, dass sie eine Politik ohne neue Schulden umsetzen könne. „Die Koalitionspartner spekulieren aber bei ihren Vorhaben darauf, dass ein hohes Wirtschaftswachstum zu neuen Rekorden bei den Steuereinnahmen führt. Das ist aber kein Selbstläufer.“
BDA-Chef Kramer nannte die „Rente mit 63“ teuer, ungerecht und an den Notwendigkeiten des Arbeitsmarktes vorbei. Das Anliegen, die Renten der Mütter von vor 1992 geborenen Kindern aufzustocken, sei zwar verständlich - die Kosten allein dieser neuen Leistung summierten sich aber auf 130 Milliarden Euro bis 2030.
Der amtierende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte die Rentenpläne. „Wir machen doch keine Geschenke. Alles hat seinen Preis, seine Kehrseite“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Die Belastung durch die verbesserte Erwerbsminderungsrente sei sehr begrenzt. Bei der abschlagsfreien Rente nach 45 Versicherungsjahren habe die Union erreicht, dass die Altersgrenze parallel zur Rente mit 67 mitsteigt.