Wowereit: Launischer Charmeur und Machtstratege
Berlin (dpa) - Da steht er neben seinem Lebensgefährten Jörn Kubicki, strahlt und lässt sich bejubeln. Gerade hat es Klaus Wowereit geschafft, den dritten Sieg in Folge für die Berliner SPD einzufahren.
Sein Amt ist dem Regierenden Bürgermeister bis 2016 sicher, so Wowereit denn will.
Dabei mochten Anfang 2010 selbst Sozialdemokraten kaum darauf wetten, dass mit dem Amtsinhaber erneut die nächste Wahl zu gewinnen sein wird. Zu lustlos, zu uninspiriert, je nach Tageslaune zu schnodderig oder zu herablassend erledigte der Regierungschef seine Amtsgeschäfte.
Doch der 57-Jährige kann seinen Turbo aufdrehen, wenn es darauf ankommt. Wowereit inszenierte sich wieder als präsenter Kümmerer, Charmeur, Haushaltssanierer und Berlin-Versteher. Die Popularitätswerte kletterten erneut nach oben - dann macht die Arbeit auch wieder Spaß. Der Sozialdemokrat changiert zwischen charmantem Bonvivant und kühlem Machtstrategen.
Die Qualitäten eines Stehauf-Männchens hat Wowereit oft in seinem Leben bewiesen. Aus einfachen Verhältnissen boxte er sich ganz nach oben. Er ist das jüngste Kind einer Putzfrau, als einziges der fünf Geschwister hat er studiert. Aus dem unbeugsamen Willen seiner Mutter zum Aufstieg leitet Wowereit eines seiner Handlungsmotive ab: Als Politiker Wege zu zeigen, auf denen jeder nach oben kommen kann. „Fleiß, Anstrengung und Willenskraft müssen sich lohnen.“
In der SPD durchlief der Jurist die sprichwörtliche Ochsentour - vom Juso-Mitglied über den Bildungsstadtrat, den Abgeordneten, den Fraktionsvorsitzenden bis zum Regierenden Bürgermeister seit 2001. Bundespolitisch stieg Wowereit nach mehreren Anläufen 2009 zum stellvertretenden SPD-Vorsitzenden auf.
Nach zehn Jahren als Regierungschef einer rot-roten Koalition kursieren viele Bilder Wowereits. Über Nacht bekannt wurde er 2001 durch seinen Satz: „Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“ Die Öffentlichkeit kennt ihn als lockeren Repräsentanten der weltoffenen und kulturell angesagten Hauptstadt, als glamourösen Ballbesucher oder Kämpfer gegen jegliche Diskriminierung.
Daneben gibt es den Finanzexperten, den Pragmatiker, den Kuschel-Linken, den strengen Senatschef. Die Opposition sieht ihn als einen visionslosen Regierungschef und spricht vom Sonnenkönig. Seine Beliebtheit bei den Berlinern verdankt Wowereit seiner Fähigkeit, ohne Berührungsängste mit den unterschiedlichsten Menschen zu reden, zu streiten, zu flirten. Er gilt als Bürgermeister zum Anfassen.