Zypern-Krise: Merkel beruhigt deutsche Sparer
Nikosia/Berlin (dpa) - Die geplanten Zwangsabgaben auf Sparguthaben in Zypern verunsichern Millionen Anleger in Europa. Mit Blick auf Sorgen deutscher Sparer ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel erklären, dass ihre vor knapp fünf Jahren gegebene Garantie für die Spareinlagen in Deutschland Bestand habe.
„Es ist das Merkmal einer Garantie, dass sie gilt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hatten Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zur Beruhigung der Bürger die deutschen Spareinlagen für sicher erklärt. Im vierten Jahr der Schuldenkrise wollen die Euro-Retter erstmals direkt Sparer in die Pflicht nehmen - betonen allerdings, dass es sich wegen der besonderen Umstände in Zypern um einen Einzelfall handele.
Derweil ist die Zitterpartie um die pleitebedrohte Inselrepublik immer noch nicht zu Ende - trotz des in der Nacht zum Samstag in der Eurogruppe geschnürten Rettungspaketes. Unter dem Druck der Öffentlichkeit vertagte das Parlament die Abstimmung über die heftig umstrittenen Zwangsabgaben abermals. Nach dpa-Informationen will die Regierung in Nikosia nun doch Kleinsparer mit Guthaben bis zu 20 000 Euro davon verschonen. Das Repräsentantenhaus wird nun erst am Dienstag (18.00 Uhr) zusammenkommen, wie Parlamentspräsident Giannakis Omirou ankündigte - einen Tag später als geplant.
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Finanzministeriums erfuhr, sollen von Guthaben bis zu 100 000 Euro wie gehabt 6,75 Prozent abgezogen werden. Für Beiträge über 100 000 Euro sollen 9,9 Prozent an den Staat gehen. Eine offizielle Bestätigung gibt es allerdings noch nicht. Mit der Ausnahme der Kleinsparer würden Zypern etwa 300 Millionen Euro fehlen, um die nötigen 5,8 Milliarden Euro einzusammeln, die zusammen mit den zehn Milliarden Euro der Geldgeber das klamme Land retten sollen. Wie es aus Kreisen des Ministeriums hieß, sollen die fehlenden Gelder „aus anderen Quellen“ kommen. Welche diese sind, blieb unklar.
„Wir untersuchen alle Möglichkeiten, um die Schwächeren zu entlasten“, hieß es zuvor in Nikosia. In der deutschen Politik würde eine solche Änderung auf Sympathie stoßen, wie Sprecher von Koalitions- und Oppositionsparteien sagten.
Die Hängepartie irritierte auch Investoren an den Finanzmärkten. Der Euro geriet unter Druck und erreichte bei 1,2883 Dollar zeitweise den tiefsten Stand seit drei Monaten. Auch der deutsche Aktienmarkt reagierte zunächst mit Abschlägen, ging aber am Ende nur mit einem Minus von 0,4 Prozent aus dem Handel.
Die Eurogruppe wollte am Montagabend in einer Telefonkonferenz erneut über die umstrittene Zwangsabgabe beraten. Das verlautete aus Brüsseler EU-Kreisen. Dem Vernehmen nach sollte es in der erneuten Konferenz um Änderungen an dem erst in der Nacht zum Samstag beschlossenen Paket gehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, es sei Sache Zyperns, die Details der Abgabe auf Spareinlagen festzulegen. Seibert sagte, die Entscheidung Zyperns, auch Kleinanleger für das Rettungspaket heranzuziehen, sei keine Idee der Bundesregierung gewesen. Man habe sich eine andere Staffelung vorstellen können.
Russlands Präsident Wladimir Putin rügte die geplante Abgabe auf Sparguthaben als „ungerecht, unprofessionell und gefährlich“. Reiche Russen und Unternehmen wären laut Medien mit Milliardensummen von der Zwangsabgabe betroffen. Schätzungsweise ein Drittel der Einlagen bei Banken auf Zypern besitzen Ausländer, unter ihnen viele reiche Russen und Briten. Zypern steht im Ruf, ein sicherer Hafen für Schwarzgeld zu sein.
Die Stimmung in der zyprischen Bevölkerung und unter den Abgeordneten der kleinen Inselrepublik ist explosiv. Nach dpa-Informationen wollen zahlreiche Parlamentarier ihre Zustimmung zur Abgabe verweigern. Abgeordnete sprachen von einer „wahllosen Konfiszierung“ und von einer Politik der Erpressung durch die Eurogruppe.
Wegen eines Feiertages blieben am Montag die zyprischen Banken geschlossen - und sollen vorerst auch bis Donnerstag geschlossen bleiben. Dies teilte die Zentralbank in Nikosia mit. Damit soll verhindert werden, dass in großem Stil Geld transferiert wird. Zyprische Medien berichteten weiter, russische Oligarchen seien bereits in Zypern angekommen, um ihre Gelder abzuziehen oder neue Vereinbarungen mit den zyprischen Banken abzuschließen.