Ackermann-Rücktritt: Unruhe am Zürichsee
Nach der Selbsttötung des Zurich-Finanzchefs tritt Präsident Josef Ackermann zurück.
Zürich. Josef Ackermann ist für seine Fettnäpfchen, aber auch für schnelle und durchdachte Entscheidungen bekanntgeworden. Der einstige Chef der Deutschen Bank gilt als ein Mann, der klare Worte schätzt und sie selbst in schwierigen Situationen findet.
Doch sein Rücktritt vom Amt des Verwaltungsratspräsidenten der Zurich-Versicherungsgruppe hat viele im Weltkonzern am Zürichsee überrascht und verwirrt.
Vier Tage nach dem mutmaßlichen Selbstmord des Zurich-Finanzchefs Pierre Wauthier erklärte Ackermann am Donnerstag: „Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.“ Er wolle „jegliche Rufschädigung zu Lasten von Zürich“ vermeiden.
Mehr als nach dieser Erklärung ist in der Schweizer Banken- und Wirtschaftsmetropole wohl kaum jemals über den Abgang eines Top-Managers gerätselt worden. Ackermanns Schritt, stellt die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) fest, werfe „zum jetzigen Zeitpunkt mehr Fragen auf, als dass er Antworten gibt“. „Trägt Ackermann Mitschuld am Tod des Finanzchefs?“, titelte die Online-Zeitung „20 Minuten“.
Dessen Witwe habe den Verwaltungsratspräsidenten beschuldigt, ihren Mann in die Enge getrieben zu haben, berichtet der angesehene Schweizer Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig. Er beruft sich auf eine Quelle aus Ackermanns Umfeld.
Danach habe die Witwe sich bei Vorstandschef Senn beklagt, Ackermann „sei sehr fordernd gegenüber dem Top-Management gewesen“. Öffentlich hat sie sich bislang nicht geäußert, auch nicht im direkten Gespräch mit Journalisten. Nun seien Spekulationen Tür und Tor geöffnet, stellt die NZZ fest. War der 53-jährige französisch-britische Doppelstaatsbürger Wauthier überlastet? Stand er unter zu starkem Druck seitens des Verwaltungsrates?
Schwer vorstellbar ist das nach Einschätzung von Personen, die Wauthier kurz vor seinem Tod noch bei einem Straßentheater antrafen. Sie hätten bei ihm „nicht die geringsten Anzeichen für eine ausweglose Situation“ erkennen können, hieß es in der Zeitung. „Pierre Wauthier wirkte so wie immer, nämlich ausgeglichen und geduldig.“