Herzogenaurach. Adidas – 70 Jahre lang drei Streifen
Herzogenaurach · In den 80er Jahren stand der ikonische Sportartikelhersteller vor dem Aus. Heute im Jubiläumsjahr geht es ihm glänzend.
Das größte Geburtstagsgeschenk hat sich Adidas selbst gemacht. Pünktlich zu seinem 70-jährigen Bestehen präsentiert sich der Sportartikelhersteller in seiner auf 67 schrägen Stelzen stehenden neuen Konzernzentrale, der „Arena“. Das einem Fußballstadion gleichende Bauwerk ist das größte und letzte auf dem Unternehmenscampus in Herzogenaurach, den Adidas die „World of Sports“ nennt. 1949 teilten die zerstrittenen Brüder Adolf und Rudolf Dassler ihre 1924 gegründete „Gebrüder Dassler Sportschuhfabrik“.
Adolf, mit Spitznamen „Adi“, gab seinem Unternehmen zuerst den Namen „Adolf Dassler – Spezialsportschuhfabrik addas“. Als er die Firma am 18. August 1949 ins Handelsregister eintragen ließ, fügte er im Formular handschriftlich ein i ein. Denn seine Initialen addas hatten zu große Ähnlichkeit mit einer bereits bestehenden Firma für Kinderschuhe. 47 Mitarbeiter aus der Vorgängerfabrik blieben damals bei Adi, 13 entschieden sich für Rudolf, der Puma gründete. Seither gibt es in der kleinen mittelfränkischen Stadt zwei Sportartikelriesen, die es zu Weltruhm gebracht haben. In Herzogenaurach ist man überzeugt, dass erst die Konkurrenz am selben Ort den Erfolg der beiden Global Player möglich gemacht hat.
Bereits ein Jahr zuvor hatte Adi einen Fußballschuh entwickelt, der seitlich drei parallel angebrachte Riemen zeigte. Was eigentlich zur Stabilisierung von Schuh und Fuß beitragen sollte, brachte zusätzlich einen einprägsamen Wiedererkennungseffekt und machte die drei Streifen zum Markensymbol. Von der Waschküche der Mutter, in der der gelernte Bäcker und Schuster Adi Dassler seine ersten Schuhe nähte, bis zum größten Sportartikelproduzenten hat die Marke mit den drei Streifen viele Innovationen hervorgebracht: von den Rennschuhen mit Spikes über die auswechselbaren Schraubstollen, mit denen die Fußballweltmeisterelf von 1954 den Titel gewann, und den nach dem Satelliten Telstar benannten legendären Fußball-WM-Ball von 1970 bis zu Schuhen mit Obermaterial aus recycelten Plastikflaschen.
Existenzbedrohende Krise und Verkauf in den 80er Jahren
Aber 70 Jahre Unternehmensgeschichte sind nicht nur geprägt von Erfolgen. Vor allem in den 80er Jahren durchlebte Adidas schwierige Zeiten und stand sogar kurz vor dem Aus, wie die Adi-und-Käthe-Dassler-Gedächtnisstiftung in ihrer Unternehmenschronik dokumentiert.
Als der 1900 geborene Firmenpatriarch Adi Dassler 1978 starb, übernahm seine Frau Käthe die Geschäfte. Sie erlag an Silvester 1984 einem Herzleiden. Drei Jahre später starb überraschend auch Sohn und Nachfolger Horst Dassler mit erst 51 Jahren. Die vier Töchter von Adi und Käthe übergaben die operative Leitung des Unternehmens an ein Management. Unter der neuen Führung geriet Adidas in eine existenzielle Krise. Der Markt für Sportschuhe war gesättigt und die Konkurrenz stärker geworden. Neben Dauerrivale Puma drängten nun auch die US-Konkurrenten Nike und Reebok nach Europa. 1989 schrieb Adidas einen Verlust im hohen zweistelligen Millionenbereich.
Um das Unternehmen zu retten, entschlossen sich die Töchter zum Verkauf. Der französische Unternehmer Bernard Tapie wurde mit 80 Prozent Anteil Haupteigentümer. Aber auch er vermochte die Wende nicht herbeizuführen. Erst Robert Louis-Dreyfus, der 1993 zum Eigentümer sowie Vorstandsvorsitzenden wurde und das Unternehmen 1995 an die Börse führte, brachte Adidas in die Erfolgsspur zurück.
Adidas hat es geschafft, Produkte hervorzubringen, die den Zeitgeist ganzer Generationen mitprägten – nicht nur von Sportlern. Die Queen-Musiker um Freddie Mercury trugen beim legendären Band-Aid-Konzert in London Wrestling-Schuhe mit den drei Streifen. Madonna trat in Adidas-Stiefeln auf.
Aber der aktuelle Firmenchef Kasper Rorsted weiß, dass Nostalgie nur ein nettes Zubrot ist. Mit dem neuen Hauptquartier für satte 350 Millionen Euro will er zeigen, wie zukunftsorientiert Adidas ist.
Rorsted will Adidas als Global Player mit festen Wurzeln in der Heimat präsentieren. „Wir sind ein deutsches Unternehmen. Es ist extrem wichtig, dass wir die Wurzeln behalten, um ein deutsches Unternehmen zu sein“, sagt der Däne an der Spitze eines Konzerns, auf dessen Campus sich die 5600 Mitarbeiter aus 140 Nationen zusammensetzen.
Nur noch knapp fünf Prozent seines Umsatzes von knapp 22 Milliarden Euro erzielt der Weltkonzern in Deutschland. Insgesamt haben fast 90 Prozent der weltweit 57 000 Adidas-Mitarbeiter keinen deutschen Pass.