Airbus und Boeing feiern sich nach WTO-Urteil als Sieger
Genf (dpa) - Im Milliarden-Subventionsstreit zwischen den weltgrößten Flugzeugbauern Airbus und Boeing hat der US-Konzern in einem WTO-Berufungsverfahren kräftig Federn lassen müssen. Aber auch Airbus konnte sich längst nicht in allen Punkten durchsetzen.
Dass die Rivalen in dem seit 2004 andauernden Konflikt nun das Kriegsbeil begraben, ist unwahrscheinlich: Beide präsentierten sich nach der Urteilsverkündung am Montag in Genf als Sieger.
Im Kern hielt die Berufungskammer der Welthandelsorganisation (WTO) allerdings ein vor knapp einem Jahr gefälltes Urteil aufrecht. Danach haben die Amerikaner erhebliche illegale Zuwendungen vom Staat erhalten. Die WTO-Entscheidung bestätige die seit langem von der EU vertretene Auffassung, „dass Boeing massive US-Regierungshilfe bekommen hat und heute noch bekommt“, sagte EU-Handelskommissar Karel de Gucht in Genf.
„Die Kosten für die EU-Industrie, die durch diese langfristigen Subventionen verursacht wurden, belaufen sich auf Milliarden von Dollar.“ Die EU erwarte jetzt, dass Washington die WTO-Entscheidung akzeptiere und „diese schädlichen Subventionen oder ihre negativen Folgen zurücknimmt.“
Im ihrem Urteil vom 31. März 2011, auf das sich die jetzige Entscheidung bezieht, hatte die WTO festgestellt, dass Boeing nicht erlaubte staatliche Beihilfen in Höhe von 5,3 Milliarden Dollar (4,0 Mrd Euro) erhalten habe. Von dieser Summe ging nun auch die Revisionskammer aus und erklärte, sie bestätige die Auffassung der EU, dass diese Regierungszuwendungen für den US-Konzern zwischen 1989 bis 2006 Airbus erheblich geschadet hätten. In den Jahren danach von Boeing erhaltene Subventionen würden sich zudem schätzungsweise auf mindestens 3,1 Milliarden Dollar belaufen.
Zugleich aber wies die Berufungsinstanz die Auffassung von Airbus zurück, dass gewisse Steuererleichterungen für Boeing eine Form von illegaler Subventionierung gewesen seien. Zuvor hatte die WTO in dem weltweit größten juristischen Wirtschaftskampf teilweise auch Boeing Recht gegeben und europäische Finanzhilfen für Airbus gerügt.
Es sei nun aber bestätigt worden, dass Boeing gewährte Cash-Zuwendungen illegal gewesen seien, „während das System von Krediten für Airbus durch europäische Regierungen legal ist und fortgesetzt werden darf“, meinte Airbus-Sprecher Rainer Ohler in seiner Interpretation des Urteils. Anders als die Boeing-Beihilfen müssten die Kredite für Airbus zur Anschubfinanzierung bei der Entwicklung neuer Flugzeugtypen zurückgezahlt werden. „Heute wurde klar, dass Boeing nun wesentliche Veränderungen vornehmen muss, um das WTO-Urteil zu befolgen.“
Der amerikanische Flugzeugbauer sah sich hingegen in seiner Haltung bestätigt, dass „die Hilfe der US-Regierung für Boeing minimal ist im Vergleich zu den massiven europäischen Subventionen für Airbus“. Der US-Handelsbeauftragte Ron Kirk erklärte: „Die Entscheidung ist ein gewaltiger Sieg für die amerikanischen Hersteller und Arbeiter.“ Für die europäischen Regierungen sei es nun an der Zeit, „aus dem Weg zu gehen und Airbus und Boeing unter gleichen Bedingungen gegeneinander antreten zu lassen“.
Die allgemeinen Subventionen für Boeing seien nur ein Sechstel so groß wie die für Airbus mit 18 Milliarden Dollar gewesen, erklärte der US-Konzern in Chicago. Zudem habe die Berufungsinstanz den Vorwurf der EU, dass Airbus durch die Boeing-Subventionen Geschäfte durch die Lappen gegangen seien, großteils abgeschmettert.
Boeing sei gezwungen, „mit einer ganzen Flotte an subventionierten Airbus-Flugzeugen konkurrieren.“ Der US-Hersteller wirft der Gegenseite vor, bis heute falsch zu spielen. Erst jüngst hätten die europäischen Regierungen Airbus Milliarden an Anschubfinanzierung für den in der Entwicklung befindlichen Langstreckenflieger A350 bewilligt. Die A350 ist das Konkurrenzmodell zum bereits gestarteten Boeing 787 „Dreamliner“.
An der New Yorker Börse konnte die Boeing-Aktie bis zum Mittag (Ortszeit) ein knappes Prozent zulegen, während die Papiere des Airbus-Mutterkonzerns EADS schwach blieben und in Frankfurt ein gutes Prozent im Minus schlossen. Insgesamt zeigten sich die Börsianer aber weitgehend unbeeindruckt von der WTO-Entscheidung.