Thomas Middelhoff Alle 15 Minuten ging das Licht an
Justizministerium bestätigt, dass Thomas Middelhoff in ersten Wochen der U-Haft wegen angenommener Suizidgefahr überwacht wurde.
Düsseldorf/Essen. „Die Justizvollzugsanstalten haben die Verantwortung dafür, dass sich die in Ihrer Obhut befindlichen Gefangenen nichts antun.“ Detlef Feige, Sprecher des Landesjustizministers Thomas Kutschaty (SPD), reagiert auf die massiven Vorwürfe, die die Anwälte des früheren Top-Managers Thomas Middelhoff gegen die Essener Haftanstalt erhoben hatten. Middelhoff habe rund vier Wochen nicht schlafen können, weil er alle 15 Minuten geweckt wurde, schrieben die Anwälte demnach in einer Haftbeschwerde. Von Mitte November bis Mitte Dezember sei er in der Zelle ständig kontrolliert worden, weil die Justiz Suizidgefahr gesehen habe.
Das Essener Landgericht hatte den einstigen Spitzenmanager im November 2014 wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft, mehrere Beschwerden gegen die Haft blieben wegen Fluchtgefahr erfolglos.
Ministeriumssprecher Feige bestätigte gegenüber unserer Zeitung, dass vom 14. November (erster Tag der U-Haft) bis zum 9. Dezember und dann noch einmal am 18. und 19. Dezember (damals war eine Haftbeschwerde zurückgewiesen worden) eine entsprechende Maßnahme ergriffen worden sei. Nach dem Untersuchungshaftvollzugsgesetz können gegen U-Häftlinge besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn die Gefahr einer Selbstverletzung droht. Dazu gehört die Beobachtung von Gefangenen.
Dies kann laut Feige bei akuter Suizidgefahr so aussehen, dass der Gefangene in einen Haftraum mit ständiger Kameraüberwachung kommt. Ansonsten werde die Überwachung so vorgenommen, dass ein Vollzugsbeamter etwa alle 15 Minuten von außerhalb der Zelle für kurze Zeit die Beleuchtung anstelle und sich durch den Spion der Zellentür davon überzeugt, ob es dem Häftling gut geht. Diese Kontrolle könne auch in kürzeren oder längeren Abständen stattfinden, damit sich der Häftling in seiner möglicherweise suizidalen Absicht nicht darauf einstellen kann.
Ob eine mögliche Erkrankung Middelhoffs, wie dessen Anwälte behaupten, auf einen auf diese Weise verursachten permanenten Schlafentzug zurückgehe, konnte der Ministeriumssprecher nicht bestätigen. Feige sieht aber in solchen Sicherungsmaßnahmen eine Ursache dafür, dass die Zahl der Selbsttötungen in NRW-Gefängnissen von jährlich knapp 30 in den 1990er Jahren auf aktuell 13 bis 14 jährlich zurückgegangen sei.
Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast (Grüne), kritisierte gegenüber „Spiegel Online“: „Andauernder faktischer Schlafentzug durch sogenannte Selbstmordprävention zerstört einen Menschen physisch und psychisch. Er ist eindeutig eine Verletzung der Menschenrechte und mit nichts zu rechtfertigen.“
Der Zustand von Middelhoff hat sich laut seinen Anwälten verschlechtert. Der 61-Jährige sei zur Behandlung im Uniklinikum Essen. Die Ärzte gingen von einer Autoimmunkrankheit aus.