Am Donnerstag kommt die Zinswende

Europas Währungshüter müssen den Leitzins erhöhen, um den Preisdruck zu senken.

Frankfurt. Die Zeit des extrem billigen Geldes in Europa ist bald vorbei. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird am Mittwoch voraussichtlich die Zinswende einläuten. Das haben Ratsmitglieder in seltener Einmütigkeit in Aussicht gestellt. „Ich wäre weder überrascht noch unglücklich, wenn der Rat eine vorsichtige Zinserhöhung beschließen würde“, sagte etwa der belgische Notenbank-Präsident Guy Quaden.

Volkswirte sind trotz Libyen-Krieg, Japan-Krise und hoher Staatsverschuldung überzeugt: Der Leitzins wird auf 1,25 Prozent steigen, um Inflationsgefahren einzudämmen. Damit würden die Währungshüter die Zügel wieder anziehen, die sie im Mai 2009 als Antwort auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise gelockert hatten. Seitdem verharrt der Zins auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent.

Schon im März hatte Europas oberster Währungshüter Jean-Claude Trichet die Märkte auf die Zinswende eingestellt und ungewohnt deutlich erklärt: „Eine Zinserhöhung bei unserer nächsten Sitzung ist möglich.“ Die Preisstabilität zum Schutz aller Europäer gehe vor — auch wenn die Konjunktur in Euro-Ländern wie Griechenland, Spanien oder Irland wegen rigider Sparprogramme schon jetzt nicht in Fahrt kommt.

Doch darauf kann und will die EZB keine Rücksicht nehmen. Sie nimmt auch höhere Zinskosten für die Länder in Kauf, die schon jetzt unter ihrer Schuldenlast ächzen und sich wie Portugal kaum noch am Finanzmarkt finanzieren können.

Immer wieder hatte Trichet die Regierungen gemahnt, ihre Hausaufgaben zu erledigen und die Staatshaushalte in Ordnung zu bringen. Damit will die Notenbank auch ihre Unabhängigkeit unter Beweis stellen — an der immer wieder gezweifelt wird, seit die EZB Staatsanleihen klammer Euroländer aufkauft.

Denn die Inflation steigt seit Monaten unaufhörlich — angetrieben von explodierenden Preisen für Energie und Nahrungsmittel. Die Notenbanker müssen gegensteuern, um ihr Stabilitätsziel nicht aus den Augen zu verlieren. Im März lag die Jahresteuerung im Euro-Raum bei 2,6 Prozent und damit klar über der EZB-Warnschwelle von knapp zwei Prozent.