Analyst sieht Commerzbank in der „Regionalliga“

Frankfurt/Main (dpa) - Commerzbank-Chef Martin Blessing stutzt sein Institut immer weiter zurecht. Am Montagabend zog er einen Schlussstrich unter das Ukraine-Abenteuer des zweitgrößten deutschen Geldhauses.

Die erst vor vier Jahren erworbene Bank Forum soll an eine ukrainische Investorengruppe verkauft werden. Die Tochter hatte die in sie gesetzten Erwartungen nie erfüllt. Auch für die Zukunft hatte die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank wenig Hoffnung auf Besserung. Für die Trennung nimmt sie nun Abschreibungen von 286 Millionen Euro in Kauf.

Im zweiten Quartal 2012 vermied der Dax-Konzern trotzdem einen weiteren Gewinneinbruch. Nachdem die Bank vor einem Jahr aufgrund hoher Abschreibungen auf ihre griechischen Staatsanleihen operativ nur noch 55 Millionen Euro verdient hatte, rechnet das Management nun mit einem Gewinn von 450 Millionen Euro. Im gesamten ersten Halbjahr verdiente die Commerzbank nach vorläufigen Berechnungen operativ rund eine Milliarde Euro (Vorjahr: 1,2 Mrd). Vor Steuern rechnet sie für die ersten sechs Monate mit einem Gewinn von rund 900 Millionen Euro (Vorjahr: 1,2 Mrd Euro), davon rund 350 Millionen Euro im zweiten Quartal. Details sollen am 9. August veröffentlicht werden.

Dabei belastet der Verkauf in der Ukraine zunächst nur mit 86 Millionen Euro. Die übrigen 200 Millionen Euro Wertminderung fallen erst dann an, wenn das Geschäft abgeschlossen ist. Das liegt an Währungseffekten.

Die Commerzbank hatte bereits angekündigt, sich auf Deutschland und Polen konzentrieren zu wollen. Schon im vergangenen Jahr hatte sie die Kreditvergabe außerhalb dieser beiden Kernmärkte gestoppt, um Kapital zu schonen. Das Institut hatte erst vor einem Monat angekündigt, die Schiffsfinanzierung ebenso abzuwickeln wie das Geschäft ihrer Immobilien- und Staatsfinanzierungstochter Eurohypo.

Blessing räumte der Stärkung des Kapitals zuletzt absolute Priorität ein - auch auf Kosten des Gewinns. Die Commerzbank musste auf Geheiß der Bankenaufsicht EBA bis Ende Juni eine Lücke von über fünf Milliarden Euro schließen. Das Ziel übertraf die Bank.

In der Ukraine will die Commerzbank künftig nur noch mit einer Repräsentanz für Firmenkunden vertreten sein. NordLB-Analyst Michael Seufert sieht in dem Rückzug ein Symbol für das endgültige Ende großer Träume von einer zweiten international bedeutenden deutschen Großbank: „Im Gegensatz zur global aufgestellten deutschen Industrie ist die Finanzbranche seit den achtziger Jahren in die Regionalliga abgestiegen.“ An der Börse kam der Fortschritt beim Konzernumbau am Dienstag zunächst gut an: Bis zum Mittag legte die Commerzbank-Aktie gut 0,7 Prozent zu und entwickelte sich etwas besser als der Dax.