Angst um Karstadt-Häuser – die Insolvenz rückt näher

Bürgschaft und Notkredit sind abgelehnt – es gibt aber eine letzte Frist zur Nachbesserung.

Essen/Frankfurt. Düstere Aussichten für Arcandor: Nachdem am Montag das endgültige Aus für die beantragte Staatsbürgschaft und eine letzte Frist zur Nachbesserung für den Rettungskredit bekannt wurden, gibt es für den ums Überleben kämpfenden Konzern nur noch einen Hoffnungsschimmer. Der vom Unternehmen beantragte Notkredit über 437 Millionen Euro werde nur gewährt, wenn es über bisherige Zusagen hinaus Nachbesserungen gebe. Ansonsten droht noch in dieser Woche die Insolvenz des Kaufhausriesen.

"Ein Rettungskredit würde dem Unternehmen wieder etwas Luft verschaffen. Eine Insolvenz wäre eine Katastrophe", sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Während Beschäftigte und Unternehmensleitung seit Wochen um das Überleben des Konzerns kämpfen, geht nun auch bei den Arcandor-Aktionären die Angst vor einer drohenden Insolvenz um. "Viele Aktionäre wollten die tatsächliche Lage des Konzerns lange nicht wahrhaben", sagt Tüngler. Falls es tatsächlich zu einer Insolvenz kommen sollte, könnten die Aktionäre "keinen Cent" erwarten. Der Aktienkurs brach am Montag zeitweise um über 40 Prozent ein.

Vor allem für die rund 32 000 Beschäftigten der Arcandor-Warenhaustochter Karstadt könnte sich die Lage bei einer Insolvenz weiter verschärfen. Statt einer Fortsetzung der Verhandlungen mit dem Konkurrenten Kaufhof über einen Zusammenschluss "auf Augenhöhe" könnte die Kaufhof-Mutter Metro sich dann einzelne "Rosinen" herauspicken, fürchten Beobachter.

Unterm Strich wäre der Kahlschlag dann möglicherweise noch radikaler als derzeit befürchtet. Weniger dramatisch sieht die Lage dagegen bei den anderen Arcandor-Töchtern Primondo (Versand) und Thomas Cook (Touristik) aus.

Was mit Thomas Cook geschieht, liegt nicht zuletzt an den Gläubigerbanken, denen Arcandor seine Aktien bereits als Pfand gegeben hat. Bei einer Insolvenz bleibt die Ertragsperle als eigenständiges Unternehmen erst einmal außen vor. Finanziell und organisatorisch ist das an der Londoner Börse notierte Touristikunternehmen weitgehend unabhängig von der deutschen Mutter, die 52,8 Prozent der Anteile hält.

Bislang hat sich Arcandor immer erfolgreich gegen einen Verkauf seiner Reisetochter gewehrt, wohl auch weil die Beteiligung durch den Einbruch an den Börsen deutlich an Wert verloren hat.

Sollte es aber nicht anders gehen, dann dürfte sich die Kölner Rewe-Gruppe (Dertour, ITS und Tjaereborg) freuen. Analyst Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe kann sich aber auch gut vorstellen, dass die Banken ihre verpfändeten Cook-Anteile über die Börse verkaufen. Die Otto-Gruppe in Hamburg hat Interesse an einzelnen Spezialversendern der Arcandor Versandtochter Primondo (Hess Natur, Baby Walz, Quelle) sowie den Sport-Filialen der Karstadt-Gruppe signalisiert. Problematisch dürfte es für den Universalversender Quelle in Fürth werden.

Für Analyst Hein ist eine Zerschlagung des Arcandor-Konzerns auch mit einem Notkredit unausweichlich: "Der Kredit gibt Arcandor noch ein halbes Jahr Zeit, um Käufer für einzelne Unternehmensteile zu finden." Interessenten stehen bereits in den Startlöchern.

Rechtsanwalt und Insolvenzexperten Tobias Hoefer betont dagegen, dass eine Insolvenz kein Grund zur Panik für die Arbeitnehmer und Geschäftspartner darstellt. Ein Insolvenzverwalter sorge dafür, dass der Betrieb erst einmal weiter läuft. Löhne und Gehälter der Mitarbeiter würden bis zu drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Unter Umständen könne eine Insolvenz die Sanierung sogar erleichtern. "Die Zahlungsunfähigkeit ist nicht unausweichlich das Ende, sondern kann auch ein neuer Anfang sein."