Atom-Drama verteuert Elektronik

Aus Japan kommt jeder fünfte Speicher-Chip. Doch nun stockt die Produktion. Die Preise steigen bereits.

New York. Die Katastrophe in Japan dürfte auch den deutschen Verbraucher treffen. Experten warnen, dass über kurz oder lang wichtige elektronische Bauteile knapp werden. Die Preise steigen schon.

„Das Erbeben und der Tsunami in Japan können zu einem Mangel an bestimmten elektronischen Bauteilen führen“, stellten die Marktforscher von iSuppli fest und sie warnten: „Möglicherweise steigen die Preise für diese Geräte dramatisch.“ Für zwei Wochen reichten die Vorräte noch, dann werde es ernst.

Zwar steht auf der überwiegenden Zahl der Elektronikgeräte „Made in China“. Doch aus den japanischen Fabriken stammen oft wichtige Komponenten, ohne die die Chinesen nicht weiterarbeiten können. Laut iSuppli und TrendForce hat Japan einen Anteil an der gesamten Konsumelektronik von 17 Prozent. Jeder fünfte Chip auf der Welt stammt aus Japan und jeder zehnte Flachbildschirm.

Besonders gut im Geschäft sind die Japaner bei Flash-Chips zur Datenspeicherung. Ohne diese Teile spielt kein MP3-Player, funktioniert kein Smartphone oder iPad und wird jede Digitalkamera nutzlos. Flash bildet auch das Herz eines jeden USB-Sticks. Japan hat einen Weltmarktanteil an diesen Speicherchips von 35 Prozent.

Auch potenzielle Käufer der Spielekonsole Nintendo DS oder von Handys des Herstellers LG könnten die Folgen der Naturkatastrophe zu spüren bekommen. Beide Firmen lassen Displays vom japanischen Konzern Hitachi herstellen. Dessen Fabrik befindet sich nahe am Erdbebengebiet, weshalb dort vorübergehend die Produktion ruht.

Die Preise für einzelne Bauteile sind bereits kräftig gestiegen, auch wenn es noch gar keine Knappheit gibt, wie iSuppli feststellte. „Das sind die psychologischen Auswirkungen der Katastrophe.“ Am Montag, als sich die Lage in Japan immer weiter zuspitzte, verteuerten sich die Flash-Chips um bis zu 18 Prozent und gestern legten die Preise um weitere fünf Prozent zu.

Die drohenden Engpässe überraschen auf den ersten Blick, denn die Katastrophenregion im Nordosten Japans ist kein Industriezentrum. Entsprechend gering sind die direkten Schäden an den Werken, die zumeist weiter südlich stehen. Doch die Fabriken brauchen Strom — und der ist in Japan landesweit knapp. Toshiba kündigte bereits an, nur noch die nötigsten Systeme zu betreiben.

Konkurrenten anderswo auf der Welt können die Ausfälle in Japan nur zum Teil ausgleichen. Entweder ihre Fabriken arbeiten bereits am Anschlag oder das Bauteil ist zu speziell. Schlimmstenfalls könnte der Rohstoff der Branche knapp werden: Aus Japan stammt laut iSuppli 60 Prozent des weltweit verwendeten Siliziums. Ohne dieses Halbmetall läuft gar nichts in der Elektronikindustrie.