Bahn kämpft gegen Fahrkarten-Betrug

Berlin (dpa) - Die Fahrten habe er für häufige Zugverspätungen „als Gutschrift geschenkt bekommen und kann diese nutzen, wann immer ich will“, schreibt einer.

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In einer anderen E-Mail erklärt der Absender sein günstiges Ticket-Angebot damit, dass er Verwandte bei der Bahn habe, die günstig an die Fahrscheine herankämen. Für 30, 40 oder 70 Euro werden auf Internet-Portalen für Mitfahrgelegenheiten Bahnfahrkarten angeboten, die regulär das Doppelte oder Dreifache kosten.

„Da müssten die Warnglocken deutlich läuten“, sagt Josef Niemann, Leiter Interne Ermittlungen bei der Konzernsicherheit der Deutschen Bahn. Doch häufig ließen sich die Käufer solcher Fahrscheine auf den Handel ein, obwohl sie wüssten, „dass sie etwas Unerlaubtes tun“. Die anderen seien eben besonders leichtgläubig.

Hinter dem illegalen Geschäft stecken gut organisierte Tätergruppen. Sie kaufen die Tickets bei der Bahn im Internet mit gestohlenen Kreditkartendaten und geben sie dann an Interessenten weiter, mit denen sie per E-Mail in Kontakt treten. „Der Betrüger verwendet fiktive Namen. Er bietet oftmals ein Drittkonto an, auf das das Geld überwiesen werden kann“, beschreibt Niemann die Masche.

Der Leiter Zahlungsverfahren beim Bahn-Vertrieb, Kai Brandes, macht klar: „Bei uns steht immer der Preis, den man bezahlt hat, auf dem Ticket. Das ist in diesen Betrugsfällen aber nicht so.“ Die Bahn vertreibe ihre Tickets nur über DB-Verkaufsstellen und zertifizierte Partner wie Opodo oder L'tur. Und: „Die Bahn hat keine Zwischenhändler, die Großkontingente auf eigene Faust weiterverkaufen könnten.“

Der Betrug mit gestohlenen Kreditkartendaten sei „ein relativ neues Phänomen“, erzählt Brandes. „2010 war das noch kein Thema. 2011 ging es los mit dem gewerbsmäßigen Betrug.“ Im Jahr 2013 entstand dem Unternehmen bereits ein Schaden von sieben Millionen Euro. Jeden Monat wurden 2800 Betrugsfälle bekannt. Inzwischen ist diese Zahl auf rund 2000 gesunken.

Als Gründe dafür nennt die Bahn Fahndungserfolge der Bundespolizei, eine harte Bestrafung vor Gericht und neue Sicherheitsvorkehrungen. In Hamburg wurden im Februar fünf Fahrkartenbetrüger verurteilt. Der 26 Jahre alte Haupttäter erhielt eine Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Die Bande hatte mit fremden Kreditkartendaten fast 5000 Online-Tickets gekauft. Der Schaden: Rund 750 000 Euro. Ähnliche hohe Strafen verhängte das Landgericht Stuttgart im vorigen Jahr in zwei Prozessen gegen die Hauptangeklagten.

Zwei Probleme erschweren es Bahn und Polizei, den Tätern auf die Schliche zu kommen. Zum einen dauert es „geraume Zeit, bis der Betrug auffällt, oft bis zu einem Monat“, erklärt Niemann. Zum anderen operieren die Banden mit mehreren Kreditkartensätzen.

Experten bei der Bahn haben deshalb die typischen Betrugsmuster analysiert. Werden nun bei einer Online-Ticketbuchung per automatischer Prüfung verdächtige Eigenheiten festgestellt, muss der Kunde seit Mitte 2014 ein Passwort für die Kreditkartenzahlung angeben, womit er seine Identität bestätigt. Der Betrüger kann das in aller Regel nicht, der Ticketkauf wird nicht ausgeführt.

Generell will die Bahn ihren Kunden dieses Passwort-Verfahren der großen Kreditkartengesellschaften namens „3-D Secure“ nicht zumuten, damit die Buchung nicht zu kompliziert wird. Denn inzwischen verkauft sie für den Fernverkehr mehr als die Hälfte ihrer Tickets online - gut 2,8 Millionen pro Monat.

Große Hoffnungen setzt das Verkehrsunternehmen darauf, den Fahrkartenbetrug auf der Käuferseite einzudämmen. Denn die Bahn kennt immer den Namen und die Adresse des Reisenden. Diese Angaben sind bei der Buchung Pflicht. „Wenn im Nachgang eine Zahlung platzt, stellen wir diesem Reisenden eine Rechnung“, sagt Zahlungsexperte Brandes. Für den Schnäppchenjäger, der sich aus dubioser Quelle ein Ticket besorgt hat, heißt das: „Er zahlt doppelt, erst an den Betrüger und dann an uns“, warnt Brandes. Wenn sich das herumspricht, dürfte es abschrecken, so die Kalkulation der Bahn.