Beratungschwach: BaFin nimmt sechs Banken ins Visier
Bonn/Frankfurt (dpa) - Die Finanzaufsicht BaFin geht wegen möglicher fehlerhafter Beratung von Kunden gegen verschiedene Banken vor: Gegen sechs Geldinstitute wurde erstmals ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
BaFin-Sprecher Ben Fischer bestätigte einen entsprechenden Bericht des „Handelsblatts“.
Die Verfahren seien entweder wegen völlig fehlender oder unkorrekter Beratungsprotokolle eingeleitet worden. Den Banken droht nun jeweils maximal ein Bußgeld von 50 000 Euro - und ein erneuerter Imageverlust. Die Namen der Banken nannte der BaFin-Sprecher nicht.
Die Finanzaufsicht sei durch Beschwerden von Kunden oder eigene Auswertung von Prüfungsberichten der Banken auf die Fälle gestoßen, sagte Fischer. Nach der Lehmann-Pleite und der Finanzmarktkrise wurde die Pflicht zur Beratung in Finanzanlagen vor einem Jahr neu geregelt. Dabei gehören auch Beratungsprotokolle zur Auflage. Damit wollte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) die Position der Kunden stärken, die wegen mangelhafter Beratung ihrer Bank einen Verlust erlitten. Zuvor hatten es Kunden schwer, ihre Rechte durchsetzen.
Einen Termin für den Abschluss des Verfahrens gebe es nicht, sagte Fischer. Die betroffenen Banken haben nun Gelegenheit für Stellungnahmen. Die Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) hatte schon im April beklagt, dass Bankkunden oft falsch beraten würden oder nicht die nötigen Informationen über angebotene Produkte erhielten. Die Verbraucherzentralen kündigten an, unfaire Vertriebsmethoden, ineffiziente Produkte oder Wettbewerbsstörungen verschärft ins Visier zu nehmen.
Finanzexperte Dominik Georgi von der Frankfurt School of Finance stellte Bankberatern ein durchwachsenes Zeugnis aus. Trotz der neuen Regeln würden Bankkunden noch immer nicht gut genug beraten. „Banken sollten Transparenz als einen Wettbewerbsfaktor sehen“, sagte der Professor der Nachrichtenagentur dpa in Frankfurt.
Georgi plädierte für eine „Transparenz-Zertifizierung“, mit der Banken ausgezeichnet werden sollten: „Offenheit und Ehrlichkeit können Kaufargumente sein“. Im Idealfall würde etwa die neutrale Stiftung Warentest einzelne Banken bewerten. So hätten die Banken einen größeren Anreiz, mit guter Beratung zu werben, und die Kunden könnten vertrauensvoller investieren. „Nicht die Produkte, sondern die Beratung muss sich ändern“, forderte Georgi anlässlich der Konferenz „Transparenz von Bankangeboten“ an diesem Freitag in Frankfurt.
Banken hätten zwar bereits einen Standard für „Beipackzettel“ aufgestellt, die Anleger über Risiken von Finanzprodukten informieren sollen, sagte der Finanzexperte: „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.“ Auch den Aigner-Vorschlag, verdeckte Ermittler zu Banken zu schicken, begrüßte Georgi: „Jede Form der Analyse von Missständen ist wichtig“.
Allerdings sieht der Bankenexperte ein strukturelles Problem: Bankberater erhalten oft eine Provision für jedes verkaufte Produkt. So steht der Vertragsabschluss unter Umständen eher im Vordergrund als eine gute Beratung. Interessenkonflikte könnten durch ein Honorar gelöst werden, schlägt Georgi vor. Dann würde der Berater für die eigentliche Beratung bezahlt und nicht für einen Vertragsabschluss. Allerdings hätten sich entsprechende Ansätze am Markt nicht durchgesetzt: „300 Euro hört sich für einige Bankkunden viel an“. Selbst wenn sie sich am Ende auszahlen würde.