Bericht: Politiker und Banker versagten in Finanzkrise
Washington (dpa) - Untätige Politiker, laxe Finanzaufseher und zockende Banker: Nur durch diese ungesunde Mischung ist es nach Ansicht einer von US-Präsident Barack Obama eingesetzten Kommission zur Finanzkrise gekommen, die schließlich in der schlimmsten Rezession der Nachkriegsgeschichte gipfelte.
„Die Krise war ein Ergebnis menschlicher Taten oder Tatenlosigkeit“, heißt es in einem Untersuchungsbericht, aus dem die „New York Times“ am Mittwoch vorab zitierte. „Es waren nicht Mutter Natur oder durchgeknallte Computermodelle.“
Die mit Politikern beider großer Parteien besetzte Kommission hat seit 2009 mehr als 700 Zeugen befragt, um herauszufinden, welche Rolle die staatlichen Stellen und privaten Geldhäuser bei den heftigen Turbulenzen auf dem Finanzmarkt vor drei Jahren spielten. Der 576 Seiten lange Report gehe vor allem mit dem ehemaligen Präsidenten George W. Bush und dem amtierenden Notenbankchef Ben Bernanke hart ins Gericht, schrieb die Zeitung. Sie hätten die Krise nicht vorhergesehen und bei ihrem Eintreten falsch reagiert.
„Die Finanzkapitäne und die öffentlichen Aufseher unseres Finanzsystems haben Warnungen ignoriert und es versäumt, Risiken zu hinterfragen, zu verstehen und zu beherrschen“, heißt es demnach in dem Abschlussbericht, der an diesem Donnerstag offiziell in Washington vorgestellt wird. Mehr als 8 Millionen Jobs gingen während der Rezession alleine in den USA verloren. Der Steuerzahler musste hunderte Milliarden Dollar in die Rettung von Banken, Versicherungen und den beiden Autobauern General Motors und Chrysler stecken.
Schon Ex-Präsident Bill Clinton habe mit seinen Lockerungen im Finanzwesen den Grundstein für die Krise gelegt, führt der Bericht aus. Auch Bernankes Vorgänger Alan Greenspan habe mit seinem Drängen nach Deregulierung erheblichen Anteil daran gehabt, die Blase auf dem US-Immobilienmarkt immer größer werden zu lassen. Über Jahre waren die Preise für Häuser scheinbar unaufhaltsam gestiegen. Zudem hätten zahlreiche Banken mit ihrer „Gier“ und schlechtem „Management“ zu der Krise beigetragen.
Der Report prangert nach Angaben der „New York Times“ unter anderem an, dass die fünf größten US-Investmentbanken für 40 Dollar an fiktiven Vermögenswerten gerade mal 1 Dollar an tatsächlichem Kapital als Sicherheit vorgehalten hätten. Schon ein Wertverlust der Vermögenswerte von nur 3 Prozent hätte die Firmen deshalb ausradiert. Mit der Investmentbank Lehman Brothers passierte genau das: Sie hatte sich wie so viele andere am US-Hypothekenmarkt verspekuliert; im September 2008 ging ihr schließlich das Geld aus. Die Bush-Regierung verweigerte ihre Hilfe, Panik kam an den Märkten auf.
„Die größte Tragödie wäre es, den Refrain zu akzeptieren, dass dies niemand voraussehen konnte und deshalb nichts dagegen getan werden konnte“, lautet das Resümee der zehnköpfigen Kommission. „Falls wir diese Sichtweise akzeptierten, würde es wieder passieren“. Nach Angaben der „New York Times“ haben aber nur die sechs Demokraten in der Kommission den Abschlussbericht akzeptiert. Die vier Republikaner lehnten ab und wollen nun zwei alternative Berichte vorstellen.