Berlin erwartet rasche Einigung auf IWF-Kandidaten

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will sich mit den europäischen Partnern schnell auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) einigen.

Als Favoritin für die Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn, der wegen versuchter Vergewaltigung in den USA angeklagt ist, gilt die französische Finanzministerin Christine Lagarde.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich noch nicht festgelegt, lobte aber am Freitag Lagarde, die sie seit längerem ausgesprochen schätze. „Das ist keine Bekanntgabe der Kandidatur, es ist nur eine generelle Bemerkung“, sagte Merkel. Finanzminister Wolfgang Schäuble rechnet mit einer zügigen Entscheidung. „Wir suchen den aus, der am besten geeignet ist und der die besten Chancen hat, durchgesetzt zu werden.“

Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy lehnte sich nicht weit aus dem Fenster. „Die Europäische Union ist in der Lage, eine sehr gute Kandidatur zu präsentieren.“ Erwartet wird, dass beim G8-Gipfel der führenden westlichen Industrienationen und Russlands Ende kommender Woche im französischen Deauville eine Vorentscheidung fällt. Bis dahin laufen viele Gespräche.

Schwellenländer wie China, Brasilien, Indien oder die Türkei pochen angesichts ihres größeren Gewichts in der Weltwirtschaft auf mehr Einfluss beim IWF. Die Europäer wollen ihren traditionellen Anspruch aber nicht aufgeben.

Merkel sagte dazu: „Ich glaube, dass es gute Gründe dafür gibt, dass der IWF-Posten auch nach dem vorzeitigen Rücktritt von Herrn Strauss-Kahn wieder durch eine Persönlichkeit aus Europa besetzt wird.“ Alle genannten Kandidaten hätten eine hohe Reputation.

Die 55-jährige Lagarde ist international bestens vernetzt und war in den USA Chefin einer großen Anwaltskanzlei. Ein möglicher Stolperstein für die Französin könnte jedoch ein drohender Prozess in einer alten Finanzaffäre sein.

Den europäischen Anspruch auf die Führung des IWF begründete Sarkozy mit der Fondsstruktur. Die EU-Staaten seien zusammen größter Anteilseigner. Zugleich warnte er vor Streit um den Posten. „Europa muss einstimmig eine Wahl treffen.“ Den Rücktritt Strauss-Kahns nannte Sarkozy unumgänglich.

Die türkische Regierung hat noch nicht entschieden, ob Ankara einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt. Gehandelt wird der frühere türkische Wirtschaftsminister Kemal Dervis. Vizeministerpräsident Ali Babacan sagte dem TV-Sender Sky Türk: „Sowohl Herr Kemal Dervis als auch andere für eine Kandidatur genannte Personen haben die Kenntnisse, das Talent und den nötigen Hintergrund für das Amt an der Spitze des IWF.“