Bernanke spielt alle Trümpfe aus
Notenbankchef pumpt mehr als eine Billion Euro in Finanzmarkt.
Washington. Damit hatte kaum einer der Finanz-Auguren gerechnet. Vielleicht einen etwas aufgehellten Konjunkturausblick hatten die Beobachter der US-Notenbank auf dem Zettel, eventuell eine Zwischenbilanz der bisherigen Maßnahmen im Kampf gegen die Finanzkrise. Umso überraschender dann der Paukenschlag der Federal Reserve (Fed), extrem aggressiv mehr als eine Billion Euro zusätzlich in die Märkte zu pumpen. Und nicht wenige sehen mit Sorge, wie die Zentralbank ihre Notenpresse auf Hochtouren laufen lässt.
Notfalls müsse man eben zur Bazooka greifen, um der Finanzmisere Herr zu werden, meinte der frühere US-Finanzminister Henry Paulson. Notenbankchef Ben Bernanke scheint damit nun Ernst zu machen im Bemühen, den ausgetrockneten Kreditfluss und damit das Lebenselixier der Wirtschaft wieder in Gang zu bringen.
Hypothekenbesicherte Papiere der inzwischen verstaatlichten Finanzierungsgiganten Fannie Mae und Freddie Mac für bis zu 750 Milliarden Dollar, Staatsanleihen für bis zu 300 Milliarden - "Die Fed kauft alles außer Ketchup", kommentierte Bernd Weidensteiner, USA-Experte der Commerzbank, die Maßnahmen. In der Folge wird sich die Bilanz der Notenbank mindestens auf drei Billionen Dollar aufblähen.
Immer deutlicher treten Bernanke und seine Zentralbank in den USA als prominentester Kämpfer gegen die Krise in Erscheinung - äußerst untypisch für einen Fed-Chef. Erst voriges Wochenende gab Bernanke - ausgewiesener Experte der schweren Wirtschaftskrise der 30er Jahre - als erster amtierender Notenbank-Vorsitzender seit 20 Jahren ein Fernsehinterview. Derweil muss sich Präsident Barack Obama schon demonstrativ hinter Finanzminister Timothy Geithner stellen, der in der öffentlichen Meinung bereits einiges an Glanz verloren hat.
Doch als Geithner vor wenigen Wochen sein Banken-Rettungskonzept vorlegte, gingen die Märkte erst einmal auf Talfahrt. Ganz anders hingegen die Wirkung der Maßnahmen von Fed-Chef Bernanke: Wie beabsichtigt, brach die Rendite von zehnjährigen US-Staatsanleihen von drei Prozent auf 2,53 Prozent ein - die stärkste Einbuße an einem einzigen Tag seit 1987.
Ob dies jedoch auch wie gewünscht dauerhaft die Zinsen für Häuslebauer und Verbraucher drückt, bezweifeln Experten. Bernanke sei "naiv" wenn er das glaube, sagte der Vorstandschef von First Principles Capital Management in New York, Doug Dachille, der Wirtschaftsagentur "Bloomberg".
Der deutsche Aktienmarkt hat am Donnerstagnachmittag dank des neuen massiven Vorgehens der US-Notenbank seine Gewinne ausgebaut. Der Leitindex Dax verbuchte ein Plus von 2,70 Prozent auf 4104 Zähler. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 1,26 Prozent auf 4467 Punkte hoch. Der Technologiewerte-Index TecDax gewann 1,75 Prozent auf 438 Zähler. Im Fokus standen ferner etliche Unternehmen mit vorläufigen oder endgültigen Zahlen. Als Gründe für den Aufwärtstrend nannten Händler auch den am Freitag bevorstehenden Verfallstermin an den Terminbörsen.