„Blutspuren“ in der Bilanz: Deutlich weniger Gewinn bei RWE
Essen (dpa) - Beim zweitgrößten deutschen Energieversorger RWE geht es weiter abwärts: Nach einem Milliardenverlust im Vorjahr belasten fallende Großhandelspreise und der milde Winter das Geschäft.
Der bereinigte Überschuss sank im ersten Quartal um über ein Drittel, wie RWE mitteilte.
Das war noch schlechter als beim Konkurrenten Eon. Der Wettbewerber hatte am Vortag einen Ergebnisrückgang von 13 Prozent gemeldet. „Die niedrigen Strompreise hinterlassen ihre Blutspuren in unserer Bilanz“, klagte RWE-Finanzvorstand Bernhard Günther.
Beim Umsatz gab es im ersten Quartal einen Rückgang um 8,6 Prozent auf 14,66 Milliarden Euro. Der betriebliche Gewinn fiel mit 1,91 Milliarden Euro 18 Prozent niedriger aus als im Vorjahr. Das um Sonderposten bereinigte Nettoergebnis fiel um 35,5 Prozent auf 838 Millionen Euro. Neben sinkenden Margen in der Stromerzeugung der Kohle- und Gaskraftwerke und wetterbedingten Einbußen spielte auch der Verkauf des tschechischen Ferngasnetzbetreibers Net4Gas eine Rolle. Dessen Ergebnisbeiträge fallen jetzt weg.
Zum Thema „Atom-Bad-Bank“ hüllte sich RWE - wie Eon am Vortag - auch auf wiederholte Fragen in Schweigen. „Spekulationen“ über einen Fonds für die Abwicklung des Atomausstiegs kommentiere RWE nicht, hieß es. Günther sagte lediglich, RWE halte so einen Fonds für „nicht sachgerecht“. Die rund zehn Milliarden Euro Rückstellungen des Konzerns teilten sich zu gleichen Teilen auf den Rückbau der Kraftwerke und die Endlagerung auf, sagte Günther. Bei fünf großen Atomblöcken entfielen damit etwa eine Milliarde Rückstellungen auf jeden Block.
Die Gaslieferungen der Essener in die Ukraine sorgen in Russland nach Aussagen des Finanzchefs nicht für Verstimmungen. Als erster europäischer Versorger hatte RWE Mitte April mit Lieferungen in die Ukraine begonnen. Es besteht ein bereits 2012 unterzeichneter Rahmenvertrag über ein Volumen von bis zu 10 Milliarden Kubikmeter Gas. In den Beziehungen zum russischen Gasriesen Gazprom habe RWE bisher keine Störungen festgestellt.
Erneut forderte RWE eine Neuaufstellung des europäischen Energiemarktes. Kohle- und Gaskraftwerke werden von den Ökoenergien zunehmend aus dem Markt gedrängt und bringen immer weniger Gewinn ein. RWE nimmt deshalb immer mehr Kraftwerke vom Netz, vor allem Gaskraftwerke. Statt wie bisher geplant 6,6 Gigawatt (GW) sollen jetzt 7,4 GW komplett oder vorübergehend stillgelegt werden.
RWE kürzte die Prognose für das Gesamtjahr um Effekte aus dem Verkauf der Gasfördertochter Dea, den RWE Ende März verkündet hatte. Die Hamburger Tochter soll für 5,1 Milliarden Euro an den russischen Oligarchen Michail Fridman gehen. Behördliche Genehmigungen stehen noch aus. Der Abschluss des Geschäfts soll im zweiten Halbjahr erfolgen. Aus den Erträgen will RWE vor allem Schulden abbauen.
Durch den Verkauf von Dea fallen auch Ergebnisbeiträge weg. Das für die Dividendenberechnung ausschlaggebende nachhaltige Nettoergebnis soll nun bei 1,2 bis 1,4 (bisher 1,3 bis 1,5) Milliarden Euro liegen. Damit sei eine Dividende für das laufende Jahr wie 2013 von je einem Euro für die rund 615 Millionen Aktionäre „rechnerisch darstellbar“, sagte Günther. RWE schüttet üblicherweise 40 bis 50 Prozent des Gewinns an die Aktionäre aus.