Börsen in Panik: Merkel und Sarkozy telefonieren

Berlin (dpa) - An den Börsen wächst die Furcht, dass die Schuldenkrisen in Europa und den USA den Wirtschaftsaufschwung abwürgen. Am Freitag kam es erneut zu Panikverkäufen, der Dax hat in den vergangenen Tagen seine gesamten Jahresgewinne eingebüßt.

Vor diesem Hintergrund wollten sich Frankreich, Deutschland und Spanien enger abstimmen. Dazu sei am Freitag ein Telefonat des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero geplant, hatte der Élysée-Palast am Donnerstagabend mitgeteilt.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) kritisierte derweil das Vorpreschen von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Der Portugiese hatte überraschend eine Aufstockung des des 440 Milliarden Euro schweren Euro-Krisenfonds EFSF ins Spiel gebracht, um einen Flächenbrand zu verhindern. Die Bemerkung löste - zusammen mit Ängsten vor einem Einbruch der Weltkonjunktur - an den Finanzmärkten neue Erschütterungen aus.

„So eine Debatte kommt zur Unzeit. Es ist gerade einmal zwei Wochen her, da wurden weitreichende und gute Beschlüsse gefasst“, sagte der Vizekanzler der Nachrichtenagentur dpa. Rösler betonte, die jüngsten Gipfel-Entscheidungen vom 21. Juli müssten konsequent umgesetzt werden. „Deswegen sehe ich gar keine Notwendigkeit für eine erneute Diskussion.“

Allerdings signalisierte auch EU-Währungskommissar Olli Rehn Bereitschaft für Änderungen beim Rettungsschirm EFSF. „Wir stehen bereit, unseren Kurs im Krisenmanagement anzupassen, um mehr Glaubwürdigkeit und Effizienz zu erreichen“, sagte Rehn dem Radiosender „BBC Radio 4“. Damit der EFSF effektiv bleibe, müsse der Rettungsschirm von den Finanzmärkten respektiert werden. Rehn verteidigte zugleich den Vorstoß von Barroso. Auf die Frage, ob er die Schuldenkrise verschärft habe, sagte Rehn: „Ich denke nicht.“

China kündigte an, weiter europäische Staatsanleihen kaufen zu wollen. Während eines Besuches in Polen sagte der chinesische Außenminister Yang Jiechi nach Angaben des Außenamtes in Peking: „China hatte immer Vertrauen in die Euro-Zone und den Euro.“ Sein Land habe seinen Besitz an europäischen Staatsanleihen in den vergangenen Jahren ausgeweitet. „China wird Europa und den Euro in der Zukunft weiterhin unterstützen.“

Mit seinen weltgrößten Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro) ist China nicht nur größter ausländischer Kreditgeber der USA, sondern investiert auch stark in Euro-Anleihen.

An den Börsen herrschte wenig Optimismus. Der Ausverkauf der vergangenen Tage setzte sich unvermindert fort. Nach einem Absturz der Wall Street und Talfahrten an den asiatischen Börsen eröffnete der deutsche Markt ebenfalls mit Verkäufen eröffnet. Kurz nach Handelsstart brach der Dax um 3,25 Prozent auf 6206,02 Punkte ein.

Auch wenn sich der Index am Vormittag leicht erholte und einen kleinen Teil der Verluste wieder wettmachen konnte, dauert der Absturz nun bereits acht Handelstage an. Allein in diesem Zeitraum verlor der deutsche Leitindex mehr als 1100 Punkte und damit seine kompletten Jahresgewinne.

Auch europaweit ging es mit ähnlicher Geschwindigkeit abwärts. Händler sprachen von Panikverkäufen. „Weit und breit ist keine Unterstützung zu sehen“, kommentierte einer von ihnen. „Die Ängste vor einer Rezession in den USA und wegen der Schuldenkrise in Europa sorgen weltweit weiter für Turbulenzen an den Finanzmärkten.“

Auch hinsichtlich des monatlichen US-Arbeitsmarktberichts am Nachmittag rechnen mittlerweile zahlreiche Börsianer mit einer weiteren Enttäuschung.

Die Lage am US-Aktienmarkt hatte sich am Donnerstag dramatisch verschärft: Der Dow Jones Industrial stürzte um mehr als 500 Punkte ab und fiel erstmals seit Dezember 2010 wieder unter die Marke von 11 400 Punkten.

Diesen Vorgaben konnten sich die Börsen in Asien nicht entziehen. In Tokio brach der Nikkei-Index für 225 führende Werte am Freitag um 3,72 Prozent auf 9299,88 Punkte ein und ging damit auf dem tiefsten Stand seit Mitte März aus dem Handel.