Finanzstabilitätsbericht Bundesbank warnt vor Sorglosigkeit bei boomender Konjunktur

Frankfurt/Main (dpa) - Die Bundesbank warnt vor Sorglosigkeit angesichts der boomenden Konjunktur. Es bestehe die Gefahr, dass Risiken für die Finanzstabilität unterschätzt würden, schreibt die Notenbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht 2017, der in Frankfurt vorgestellt wurde.

Weil der Aufschwung schon seit acht Jahren andauere und die Zinsen anhaltend niedrig seien, könnten die Wirtschaftsakteure zunehmend davon ausgehen, dass sich die positive Entwicklung nahtlos in die Zukunft übertragen lasse.

„Je länger Boomphasen dauern, desto größer ist die Neigung, diese in die Zukunft fortzuschreiben. Wenn wir nur den Blick den Rückspiegel werfen, kann es sein, dass wir Gefahren, die vor uns liegen, übersehen“, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch. Das erhöhe die Anfälligkeit für unerwartete Entwicklungen. „Im Ergebnis wäre es verfrüht, angesichts der guten wirtschaftlichen Aussichten Entwarnung zu geben“, sagte Buch.

Im Euroraum insgesamt sind die Stressfaktoren nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in den vergangenen sechs Monaten auf niedrigem Niveau weiter gesunken - unter anderem dank der robusten Konjunktur. In ihrem halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht betont die EZB allerdings, es bestehe nach wie vor das Risiko einer schlagartigen Veränderung von Preisen an den globalen Märkten. Sorgen macht den Währungshütern zudem nach wie vor die schwache Ertragslage vieler Banken und die teils hohe Belastung der Institute durch Problemkredite.

Auch die Bundesbank-Experten treibt die Sorge um, dass die Widerstandsfähigkeit etwa von Banken gegen mögliche Schocks überschätzt werden könnte - auch wenn die Geldhäuser seit der letzten Finanzkrise 2007/2008 deutlich dickere Kapitalpolster haben. Die Risikovorsorge etwa für mögliche Kreditausfälle sei derzeit auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Gerade kleinere und mittlere Banken könnten nach Einschätzung der Bundesbank zudem Probleme bekommen, sollte sich das derzeit extrem niedrige Zinsniveau zu rasch ändern.

Zwar konstatierte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret: „Die deutschen Banken und Sparkassen sind weitgehend robust und gut aufgestellt.“ Doch der Bankenaufseher sagte zugleich: „Dies darf aber nicht über die großen Herausforderungen und den Anpassungsbedarf hinwegtäuschen, vor denen die Institute stehen. Die erhöhten Zinsrisiken und der niedrige Bestand an Risikovorsorge erhöhen die Anfälligkeit gegenüber unerwarteten Schocks.“ Die Bundesbank beobachte das Thema Zinsänderungsrisiken „mit Argusaugen“, betonte Dombret.

Am deutschen Immobilienmarkt sieht die Bundesbank trotz teils kräftig gestiegener Preise noch keine gefährlichen Übertreibungen. Es gebe nach wie vor keine Anzeichen für eine kreditgetriebene Preisblase bei Häusern und Wohnungen - auch wenn die Preise insbesondere in Städten teils um 15 bis 30 Prozent über einem angemessenen Niveau lägen.