Chemie erwartet 2012 nur noch Mini-Wachstum
Frankfurt/Main (dpa) - Nach dem rekordträchtigen 2011 blickt die deutsche Chemie-Industrie nur verhalten auf das kommende Jahr. Der Umsatz werde voraussichtlich noch um 2 Prozent, die Produktion nur um 1 Prozent steigen, prognostizierte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt.
Auch die Preise sollen nur noch um 1 Prozent klettern, während die Investitionen in etwa auf dem Niveau von 2011 liegen.
VCI-Präsident Klaus Engel nannte vor allem die ungelösten Währungskrisen im Euro-Raum und den USA als dämpfenden Faktor, der Konsumenten und Unternehmen verunsichere. Von einer Krisenstimmung könne aber in der nach Fahrzeug- und Maschinenbau drittgrößten deutschen Industriebranche nicht die Rede sein, meinte Engel, der mit einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von rund einem Prozent rechnet. „Auch 2012 wird es für die chemische Industrie aufwärts gehen, wenn auch langsamer als in diesem Jahr.“ Er halte die Prognose für „eher vorsichtig“, sie beinhalte aber nicht extrem destruktive Szenarien, wenn etwa „Italien und drei Banken pleitegehen“.
Für das fast abgelaufene Jahr 2011 berichtete der VCI von einer Umsatzsteigerung um 9 Prozent auf den Rekordwert von 186,5 Milliarden Euro. Dabei liefen die Geschäfte mit dem Ausland (plus 10 Prozent auf 110,2 Mrd Euro) noch etwas besser als im Inland (plus 7,5 Prozent auf 76,3 Mrd). Die Produktion wuchs um 4 Prozent und lag damit erstmals wieder über dem Vorkrisenniveau. Die Werte für Umsatz und Produktion lagen jeweils einen Prozentpunkt unter den VCI-Prognosen nach dem dritten Quartal. Die Zahl der Beschäftigten stieg in der Jahresfrist um 2,5 Prozent auf 425 000, wobei in der zweiten Jahreshälfte die Auslastung der Werke auf aktuell 84 Prozent leicht zurückging.
Die durch politische Beschlüsse zur Energiewende erhöhten Strompreise verunsicherten die Industrie erheblich, erklärte Engel. Er bezifferte die staatlichen Belastungen durch das Gesetz über Erneuerbare Energien und andere einschlägige Gesetze auf 1,3 Milliarden Euro jährlich. Die Gefahr möglicher Engpässe in der Energieversorgung bestehe weiterhin, meinte der Evonik-Chef. Der Lackmustest stehe noch bevor, ob nach Abschaltung von acht Kernkraftwerken die Versorgung der Unternehmen mit Grundlaststrom über die Wintermonate hinweg lückenlos funktioniere.
Für eine erneute Krise seien die Unternehmen nach seiner Einschätzung gut gerüstet, erklärte der Verbandspräsident. Sie verfügten im Vergleich zu 2008 über eine erhöhte Liquidität und könnten zudem erneut tarifliche Instrumente zur Verringerung der Arbeitszeit nutzen. Mehr Sorgen bereite ihm die Versorgung der Chemieunternehmen wie auch ihrer Kunden mit notwendigen Krediten. Es klemme bereits vereinzelt im Projektgeschäft.